Anlässlich der Gründung der bundesweit ersten Tafel vor 20 Jahren in Berlin veranstaltet das Aktionsbündnis ab Freitag in der Bundeshauptstadt ein "kritisches" Geburtstagsprogramm aus Aktionen, Lesungen und einer Podiumsdiskussion.
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Das dreitägige Programm steht unter dem Motto "Armgespeist! 20 Jahre Tafeln sind genug!" Mitglieder des Aktionsbündnisses sind unter anderem attac, die Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, der Kölner Caritas-Stadtverband und die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Initiator ist der Soziologe und Tafel-Kritiker Stefan Selke von der Hochschule Furtwangen im Schwarzwald.
Armenspeisung und Stadtrundfahrt
Als Auftakt ist eine symbolische Armenspeisung am Brandenburger Tor vorgesehen. Es schließt sich unter anderem eine "kritische" Stadtrundfahrt an. Dabei sollen in Berlin Orte der Armut, aber auch solche besucht werden, an denen sich Dritte die Armut anderer zunutze machen.
"Wenn Menschen von den Jobcentern auf die Hilfe der Tafeln verwiesen werden, ist das zynisch", sagte die Berliner Diakoniechefin Susanne Kahl-Passoth. Tafeln dürften höchstens eine Notlösung sein, hätten sich aber zu einer Dauereinrichtung entwickelt, auf die der Staat dankbar zurückgreife. Der Berliner Politikprofessor Peter Grottian ergänzte: "Es passt nicht zusammen, dass Frau von der Leyen bei der Tafel die Suppe austeilt, gleichzeitig aber als zuständige Ministerin die niedrigen Hartz-IV-Sätze verantwortet."
"Menschen brauchen mehr"
Menschen bräuchten mehr als nur Lebensmittelspenden, fügte Kahl-Passoth hinzu: "Wir fordern eine armutsfeste Grundsicherung." Die Diakoniechefin betonte, dass es nicht darum gehe, die vielen Mitarbeiter der Tafeln für ihr soziales Engagement anzugreifen. In Berlin helfen 45 Kirchengemeinden mit der Aktion "Laib und Seele" der Tafel bei der Verteilung der Lebensmittel. Nach Diakonie-Angaben sind dort heute 125.000 Menschen auf die praktisch kostenlose Lebensmittelverteilung angewiesen. "Das ist ein Armutszeugnis für diese Stadt", so Kahl-Passoth.
Tafel-Kritiker Selke betonte, dass es dem Aktionsbündnis nicht um die Abschaffung der Tafeln gehe. Es wäre schon viel gewonnen, wenn sie das von ihnen propagierte Ziel der Selbstbeschränkung ernst nähmen. Das ursprüngliche Ziel, nur überflüssige Lebensmittel an Bedürftige zu verteilen, sei aus dem Blick geraten.