Die richterliche Entscheidung sei zu akzeptieren, sie bedeute aber für viele Opfer zusätzliche Belastungen, sagte die bayerische Justizministerin Beate Merk (CSU) am Dienstag in München. Wichtig sei nun, dass Opfer und Angehörige hinreichend informiert würden und ihnen Hilfe auch für die finanziellen Folgen der Entscheidung angeboten werde. "Einen finanziellen Ausgleich wird es in jedem Fall geben", sagte Merk. Die Kritik am Oberlandesgericht München riss unterdessen nicht ab.
Die Terminänderung sei eine "Riesenbelastung für die Angehörigen", sagte der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm am Dienstag in Nürnberg dem epd. Für Angehörige aus der Türkei gebe es in vielen Fällen einen finanziellen und organisatorischen Mehraufwand. Es wirke merkwürdig, dass es keine andere Möglichkeit gegeben haben soll, die Platzfrage für die ausländischen Medien zu lösen, sagte der Bischof.
Viel Organisatorisches
Auf die seelische Belastung und Mehrkosten für Angehörige, die den NSU-Prozess beobachten wollten, wiesen auch Opferanwälte hin. Für seine Mandanten sei das emotional eine schwierige Situation, weil sie viele Jahre auf diesen Prozess gewartet hätten, sagte Anwalt Mehmet Daimagüler im WDR Radio. Seine Mandanten wollten verstehen, warum ihre Angehörigen sterben mussten, ob es Hintermänner gab und welche Verbindungen zu Verfassungsschutzbehörden bestanden.
Neben dem emotionalen Aspekt gebe es auch noch den finanziellen Aspekt, sagte Daimagüler: "Es wird nicht ganz einfach, weil man ja Urlaub nehmen muss, Flüge und Hotels buchen muss." Das sei viel Organisatorisches und koste einfach sehr viel Geld. Aber alle Angehörigen würden versuchen, trotzdem am Prozess teilzunehmen.
Die Ombudsfrau für die Angehörigen der NSU-Opfer, Barbara John, sprach sich indirekt dafür aus, dass das Münchner Oberlandesgericht die Kosten übernimmt, die durch die Terminverschiebung für Angehörige und deren Betreuer entstanden sind. "Wer das verursacht hatte, der muss nun auch für die Lasten aufkommen", sagte sie im Deutschlandradio Kultur.
Sitzplätze für ausländische Medien obligatorisch
Der Zentralrat der Muslime erwartet trotz scharfer Kritik an der Organisation des Gerichts ein faires Verfahren. "Wir vertrauen auf die deutsche Gerichtsbarkeit", sagte der Vorsitzende des Zentralrats, Aiman Mazyek, der in Potsdam erscheinenden "Märkischen Allgemeinen Zeitung" (Dienstagsausgabe). Das Gericht habe "unnötige Fehler gemacht, weil es die Dimension dieses Strafprozesses anfänglich falsch eingeschätzt hat", sagte Mazyek.
Am Montag hatte das Münchner Oberlandesgericht angekündigt, den Beginn des NSU-Prozesses vom 17. April auf den 6. Mai zu verlegen. Es reagierte damit auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Freitag, demzufolge Sitzplätze für ausländische Medienvertreter im Verhandlungssaal zur Verfügung stehen müssen. Beim umstrittenen Akkreditierungsverfahren im März, bei der die Reihenfolge der Anmeldungen entscheidend war, waren türkische Medien leer ausgegangen, obwohl acht der zehn NSU-Mordopfer türkischstämmig waren.
In dem Prozess sind die Rechtsterroristin Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer der Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) angeklagt. Die Terrorgruppe soll in den Jahren 2000 bis 2007 insgesamt zehn Menschen ermordet haben. Zwei der Rechtsterroristen, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, hatten sich am 4. November 2011 selbst getötet, als ihnen die Polizei nach einem Banküberfall auf der Spur war.