Lutheraner wollen Stimme für Menschen in Armut erheben

Lutheraner wollen Stimme für Menschen in Armut erheben
Die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) will ihre Stimme stärker für Menschen in Armut erheben.

"Wir werden Partei ergreifen für diejenigen, die in der Ökonomisierung aller Lebensbereiche über den Tellerrand kippen", sagte der Leitende lutherische Bischof, Gerhard Ulrich, am Montag in Bückeburg. Dort berieten die deutschen lutherischen Bischöfe seit Samstag in einer Klausurtagung über das Thema Wirtschaftsethik. Als Beispiel nannte Ulrich die steigenden Strompreise, die viele Menschen in Armut nicht mehr bezahlen könnten. "Energie ist eine Art Grundnahrungsmittel, das man nicht einfach dem freien Spiel der Wirtschaft überlassen kann", sagte der Bischof der Nordkirche. "Da haben wir Einhalt zu gebieten." Ulrichs plädierte auch für einen gesetzlichen Mindestlohn. "Ich glaube, dass Freiwilligkeit da nicht weiterhilft." Mehrere lutherische Kirchen hätten sich bereits in diesem Sinne geäußert.

Martin Luthers Schriften machten deutlich, dass die Wirtschaft dem Menschen dienen müsse und nicht umgekehrt, unterstrich der Bischof. Derzeit greife jedoch eine Denkweise um sich, die das Wirtschaften nur noch unter den Gesichtspunkten der Rationalität und der Gewinnmaximierung betrachte. Gier erscheine geradezu als vernünftige Lebensform. "Wir müssen zu einer Form des Wirtschaftens kommen, die die Starken stärker belastet als die Schwachen", betonte Ulrich. In Gesprächen mit Unternehmensverbänden, Gewerkschaften und anderen Akteuren der Wirtschaft wollen die lutherischen Bischöfe ihre Position deutlich machen.

"VELKD wird weiter bestehen"

Zur Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands gehören sieben Landeskirchen mit insgesamt zehn Millionen Mitgliedern. Die Bischöfe beschlossen bei der Tagung, dass die VELKD weiter fortbestehen und nicht in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) aufgehen werde, berichtete Ulrich. Die lutherische Stimme werde weiterhin gebraucht. Für Fortschritte in der innerprotestantischen Ökumene hatte sich vor wenigen Tagen der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider ausgesprochen. Dass er sich nun für zweieinhalb Jahre auf das EKD-Spitzenamt konzentrieren könne, sei für ihn Auftrag, die Gemeinschaft der Landeskirchen in der evangelischen Kirche zu stärken, sagte Schneider. Dabei hoffe er sehr, dass die Zusammenarbeit zwischen lutherischen, unierten und reformierten Kirchen innerhalb der EKD in den nächsten Jahren vertieft werden könne.

Die EKD-Synode hatte im November Beschlüsse der Vollkonferenz der Union Evangelischer Kirchen und der lutherischen Generalsynode begrüßt, wonach die Zusammenarbeit zwischen lutherischen und unierten Kirchen vertieft werden soll. Als erste Schritte sind eine Auswertung des bisherigen Verbindungsmodells und Vorschläge zu dessen Weiterentwicklung vorgesehen. Zudem sollen alle Beteiligten in theologischen Gesprächen Fortschritte auf der Ebene der kirchlichen Bekenntnisse anstreben. Die unterschiedlichen Konfessionen im Protestantismus sind Ergebnis der Reformationsgeschichte. Während die unierten Kirchen verschiedene Bekenntnistraditionen vereinen, bildet bei den Lutheranern die Theologie Martin Luthers (1483-1546) die Grundlage der Glaubenspraxis.