"Ich wünsche ihm, dass er seinen Frieden findet. Die Entscheidung ist dem Heiligen Vater sicherlich nicht einfach gefallen", sagt die Frau und eilt die Stufen zur St. Hedwigs-Kathedrale hinauf. Mehr als 1.000 Menschen sind am Donnerstagabend in die Bischofskirche des Erzbistums Berlin und ins benachbarte Berhard-Lichtenberg-Haus gekommen, um in einem Gottesdienst Papst Benedikt XVI. aus seinem Amt zu verabschieden. Die Deutsche Bischofskonferenz hat zu einem zentralen Dankgottesdienst eingeladen. Auch in anderen Städten Deutschlands und weltweit wird zeitgleich an den Papst erinnert, um 20 Uhr endet offiziell sein Pontifikat.
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Schon eine Stunde vor Gottesdienstbeginn ist eine Hälfte der Rundkirche voll belegt. Die Menschen stehen bis zum Ausgang. Erst allmählich kommen die geladenen Gäste und füllen die andere Hälfte der Kathedrale. Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundestagspräsident Norbert Lammert (beide CDU) nehmen zahlreiche Kabinettskollegen und andere Bundes- und Landespolitiker in den Bankreihen Platz. Die Kammersynphonie Berlin und der Chor der Hedwigs-Kathedrale proben noch einmal das "Kyrie" aus Mozarts Orgelsolomesse.
Die Hedwigs-Kathedrale ist bis auf den letzten Platz gefüllt
Dass gerade Berlin, wo die Katholiken eine Minderheit sind, für den zentralen Dankgottesdienst ausgewählt wurde, entsprang eher praktischen Erwägungen, sagt der Sprecher der Bischofskonferenz, Matthias Kopp. Die dem römischen Pantheon nachempfundene St. Hedwigs-Kathedrale ist nicht nur die erste katholische Kirche, die in der Residenzstadt Friedrich des Großen nach der Reformation gebaut werden durfte. Sie steht praktischerweise auch im Zentrum Berlins, hinter der Staatsoper. So hat die Politik es leicht, dabei zu sein.
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Pünktlich um 18 Uhr zieht der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, in die Kirche ein, begleitet von dem Berliner Erzbischof Rainer Maria Woelki, dem Apostolischen Nuntius in Deutschland, Erzbischof Jean-Claude Pérrisset, sowie weiteren deutschen Bischöfen. In einem Halbrund hinter dem Altar bieten die ganz in Weiß gekleideten katholischen Würdenträger einen eindrucksvollen Anblick.
Gerade einmal 396.000 Kirchenmitglieder zählt das Erzbistum Berlin, das über die Hauptstadt hinaus weite Teile Brandenburgs und Vorpommern umfasst. Doch an diesem Abend ist die Hedwigs-Kathedrale voll. Wer keinen Platz gefunden hat, steht an der Wand der Rundkirche. Auch die Unterkirche ist geöffnet. Über Monitore wird das Geschehen übertragen. Einige Kameraleute sind im Kirchenrund unterwegs, alles ist hell erleuchtet. Im Fernsehen wird der Gottesdienst live übertragen.
Keine besondere Liturgie
Trotz des historischen Anlasses hat die katholische Kirche für diesen Augenblick keine besondere Gottesdienstordnung bereit, schließlich handelt es sich nicht um ein Requiem für einen gestorbenen Papst. Erstmals seit 700 Jahren ist ein Papst zu seinen Lebzeiten zurückgetreten - dafür gibt es keine eigene Liturgie.
Im Mittelpunkt steht "in der Stunde des Abschieds" der Dank an den "Theologen-Papst", wie der Berliner Erzbischof Woelki zur Begrüßung Benedikt XVI. bezeichnet. Der bis vor kurzem noch jüngste Kardinal der katholischen Kirche weltweit erinnert auch an den Besuch des Heiligen Vaters in Deutschland im September 2011. Damals feierte der Pontifex zusammen mit 70.000 Gläubigen im Berliner Olympiastadion. Der Andrang zu seinem Abschied fällt geringer aus. Aber nicht nur in der Hedwigs-Kathedrale, in vielen Gemeinden der katholischen Kirche in Berlin und anderswo wird an diesem Abend an den - inzwischen ehemaligen - Papst gedacht.