"Diesseits und jenseits von Europa haben wir inzwischen viele Beispiele dafür, dass eine Absage an die Religion eine Gesellschaft weder moderner noch humaner macht", sagte Lammert am Samstag in Augsburg bei einer Tagung zu "Religion im öffentlichen Raum".
"Der Staat darf sich diese Quellen der Sinnstiftung nicht versperren - schon deshalb, weil er nicht weiß, ob er andere hat", sagte Lammert auf der Veranstaltung der Zeitschrift "Ökumenische Rundschau" weiter. Trotz einer "dramatisch zurückgehenden Kirchenbindung" gebe es in der Bundesrepublik eine "überragende Akzeptanz für christliche Werte". Jeder Staat lebe von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren könne. "Der innere Zusammenhalt einer Gesellschaft wird immer durch kulturelle Überzeugungen gestiftet. Märkte, Geld und Politik halten eine Gesellschaft nicht zusammen", betonte Lammert.
Kirchen seien wie andere Institutionen in Politik, Wirtschaft und Sport von einem großen Vertrauensverlust betroffen, sagte Lammert. Zugleich beobachte er eine Revitalisierung von Religion im öffentlichen Raum. Dieses Aufleben geschehe sowohl in Form persönlicher Religiosität, als auch als "politisierte Religion mit fundamentalistischen Machtansprüchen". Diese Spannung gelte es auszuhalten. "Aus der Überwindung fundamentalistischer Ansprüche darf um Gottes Willen nicht die Irrelevanz religiöser Überzeugungen gefolgert werden, weil auch der liberale Staat nicht auf diese Überzeugungen verzichten kann", sagte der CDU-Politiker.
Das Verhältnis zwischen religiösen und politischen Institutionen leide gegenwärtig unter Sprachlosigkeit, bedauerte Lammert. Abschließend plädierte er für "eine sorgfältige Trennung und eine intelligente Verbindung" von Politik und Religion, von Glauben und Handeln. "Religion ist zunächst eine reine Privatangelegenheit, aber sie hat immer auch gesellschaftliche Bedeutung."