Er rate von einem Verkauf von Gotteshäusern ab, sagt Thomas Erne, Direktor des Instituts für Kirchenbau und kirchliche Kunst der Gegenwart der Evangelischen Kirche in Deutschland. Auf "intellektueller Ebene" sei es zwar kein Problem, eine Kirche an eine Moscheegemeinde zu veräußern, zumal für Protestanten Kirchen keine heiligen Räume seien. Man müsse aber auch bedenken, dass ein solcher Verkauf die Identität berühre und Ängste auslöse.
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Kirchen seien wichtige Identitätsanker und Orte der Selbstvergewisserung, betonte der Professor für praktische Theologie an der Marburger Philipps-Universität. Auch sei der "Imageschaden, der der Kirche durch den Verkauf von Gotteshäusern entsteht, viel größer, als das bisschen, was sie vielleicht finanziell gewinnt".
Statt ihre öffentliche Akzeptanz aufs Spiel zu setzen, sollte die Kirche nach Ernes Überzeugung mehr über andere kirchliche Nutzungsmöglichkeiten nachdenken - und dazu Kooperationspartner mit ins Boot holen. "Wir brauchen eine Fortentwicklung der ursprünglichen Idee, dass Kirche ein öffentlicher Raum ist für alle und kein exklusiver Besitz einer einzelnen Gemeinde", sagte Erne. So würden die großen Kirchen in Deutschland längst von der Öffentlichkeit für die verschiedensten Bedürfnisse genutzt, etwa der Kölner Dom als "touristisches Ziel Nummer eins", Sankt Peter in Frankfurt als Jugendkulturkirche oder Christ-König in Bochum als Kunstkirche.
"Das Vorangegangene nicht dementieren"
Um den Konflikt in Hamburg zu entschärfen, riet Erne dem islamischen Verein "Al-Nour", die von ihr Ende 2012 erworbene frühere evangelische Kapernaum-Kirche "möglichst vorsichtig zu überarbeiten". Zugleich verwies er auf die große Tradition einer muslimischen Nutzung byzantinischer Kirchbauten wie der Hagia Sophia und des Chora-Klosters in Istanbul. "Eine Nutzung, die das Vorangegangene nicht dementiert und okkupiert, kann ein Beitrag zum christlich-islamischen Dialog sein", sagte Erne.
Die bereits 2002 entwidmete Kapernaum-Kirche soll bis zum Oktober dieses Jahres für rund eine Million Euro zu einer Moschee umgebaut werden. Kritik an dem Verkauf hatten unter anderen der Präsident des Evangelischen Kirchbautages, der Hamburger Propst Johann Hinrich Claussen, sowie sein Vorgänger in diesem Amt, Pastor Helge Adophsen, geübt.