Papst Benedikt XVI. will sich nach dem Ende seiner Amtszeit vollständig aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Er werde "vor der Welt verborgen" leben, erklärte er am Donnerstag bei einem Treffen mit dem römischen Klerus im Vatikan. Benedikt hatte am Montag angekündigt, am 28. Februar zurückzutreten. Der 85-Jährige begründete seinen Schritt mit schwindenden körperlichen und geistigen Kräften.
Nach Angaben des Vatikansprechers Federico Lombardi vom Donnerstag wird das Datum für das Konklave, das einen Nachfolger für Benedikt XVI. wählt, erst nach dem Ende des Pontifikats feststehen. An der Wahl des neuen Papstes wird auch Kardinal Walter Kasper teilnehmen, weil er am Ende des Pontifikats noch nicht die Altersgrenze von 80 Jahren überschritten haben wird. Damit nehmen sechs deutsche Kardinäle an der Wahl teil.
Die Frage nach dem Titel ist offen
Offen ist nach Lombardis Worten überdies weiterhin die Frage nach dem Titel, den Benedikt nach dem Ende seines Pontifikats tragen wird. Demnach suchen Experten im Vatikan nach einer Lösung für diese Frage. In jedem Fall werde er seinen Namen Benedikt XVI. behalten. Fraglich sei, ob er weiter als "Heiliger Vater" anzusprechen sei. Benedikt werde weiter den Rang eines Bischofs bekleiden, da es sich dabei um ein Weihe-Amt handle wie beim Priestertum. Ob er auch die Kardinalswürde behält, werde derzeit untersucht. Die Kardinalserhebung ist nicht mit einer Weihe verbunden.
Nikolaus Schneider, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, erhofft sich vom künftigen Papst "neue Anstöße" für die Ökumene. Er wünsche sich, dass der neue Pontifex "den Schwung, den das Zweite Vatikanische Konzil vor 50 Jahren brachte, nicht bremst", sagte er dem Evangelischen Pressedienst. Das Konzil, das von 1962 bis 1965 dauerte, steht für Erneuerung in der katholischen Kirche. Die Teilnehmer, zu dessen Beratern auch Joseph Ratzinger, der heutige Papst Benedikt, zählte, beschlossen damals unter anderem eine Öffnung zur Ökumene.
Die Gefahr eines Schattenpapstes
Der Tübinger katholische Theologe Hans Küng fordert, dass künftige Päpste grundsätzlich mit 75 Jahren ihr Amt niederlegen sollen. Die Altersbeschränkung für Bischöfe, die das Zweite Vatikanische Konzil beschlossen hat, sollte auch für den Bischof von Rom gelten, sagte Küng, der damals ebenfalls als Berater teilgenommen hatte, der "Passauer Neuen Presse". Wenig hält der Papst- und Kirchenkritiker, dem Rom 1979 die Lehrerlaubnis entzog, von der Entscheidung Ratzingers, auch künftig im Vatikan zu wohnen. Das berge die große Gefahr, dass er sich zum Schattenpapst mache.
Die Initiative "Wir sind Kirche" hat die Kardinäle aufgerufen, bei der anstehenden Papstwahl auf die Stimmung an der Kirchenbasis zu hören. Die römisch-katholische Kirche stehe jetzt vor einer "entscheidenden Weichenstellung", erklärte die katholische Reformbewegung am Donnerstag in München. Für die Kardinäle, die bald den neuen Papst zu wählen haben, werde es darauf ankommen, eine Person zu finden, der es gelinge, den aktuellen Polarisierungen innerhalb der katholischen Kirche "mit Kraft und Augenmaß entgegenzuwirken".
Eine Strategie, die alle Probleme löst, gibt es nicht
Der neue Papst muss sich nach Einschätzung des Münsteraner Religionssoziologen Detlef Pollack auf die unterschiedliche Entwicklung der katholischen Kirche weltweit einstellen. Während in Deutschland und vielen anderen westeuropäischen Ländern die Zahl der Kirchenmitglieder und Gottesdienstteilnehmer zurückgehe, verzeichneten andere Regionen der Erde Zuwächse, erklärte der evangelische Theologe an der Universität Münster am Donnerstag. Eine Strategie, die alle Probleme löse, könne es angesichts der beträchtlichen Unterschiede zwischen den verschiedenen Regionen nicht geben.