Kirchenrechtler: Papst-Rücktritt verändert das Amtsverständnis

Kirchenrechtler: Papst-Rücktritt verändert das Amtsverständnis
Der Rücktritt des Papstes könnte das Amt des Pontifex für immer verändern, meinen Kirchenrechtler. Benedikt XVI. habe mit seiner Entscheidung das Amtsverständnis der katholischen Kirche möglicherweise grundlegend erschüttert.

"Mit dem ungewöhnlichen Schritt setzt der Papst einen Akt, der ganz gegen die Tendenz der bisherigen Ausübung dieses Amtes geht", sagte Knut Wenzel, Professor für Fundamentaltheologie und Dogmatik an der Universität. Man müsse nun sehen, ob sich dies mittel- oder langfristig entwickle zu einer "ganz neuen Kultur des Umgangs mit dem kirchlichen Amt".

Eine Wahl auf Zeit oder sogar Abwahl hält Wenzel auf lange Sicht keineswegs für unmöglich. "Da sind jetzt Türen geöffnet worden zu einem noch gar nicht ausformulierten neuen Verständnis des Amtes eines Papstes. Ein Amt, das man nur auf Zeit innehat, wäre ja zum Beispiel auch ein Wahlamt, von dem man auch abgewählt werden könnte." Andere Kirchen hätten diese Fristen im Amt auch.

Das Evangelium zählt mehr als die Person

Mit fast den gleichen Worten äußerte sich auch der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller. "Benedikt XVI. hat damit eine Tür geöffnet", sagte der Wissenschaftler, der in dem Rücktritt eine wegweisende Entscheidung für die Zukunft des Papstamtes sieht.

###mehr-artikel###

Der Pontifex habe eine Möglichkeit aufgezeigt, die zwar schon immer bestanden habe, bislang aber nicht genutzt worden sei. "Benedikt stellt klar, dass das Papstamt ein Amt auf Zeit sein kann und nicht der Tod über das Ende entscheidet." Der Papst habe damit seinen Nachfolgern "eine große Last von den Schultern genommen".

Benedikt habe die Bedeutung des Papstamtes relativiert. "Das Konklave, das seinen Nachfolger wählt, könnte dadurch ermutigt werden, einen jüngeren, starken Nachfolger zu wählen", sagte Schüller. Der deutsche Papst mache deutlich, dass Kirche mehr ist als der Papst: "Nicht die Person des Papstes, sondern die Weitergabe des Evangeliums ist für ihn entscheidend."

Das Amt nicht zu wichtig nehmen

Nach Schüllers Einschätzung könnten von dieser Erkenntnis weitere Modernisierungsimpulse für die zentralistisch regierte Kirche ausgehen: "Benedikt mahnt die Amtsträger in der katholischen Kirche dazu, sich selbst nicht zu wichtig zu nehmen." Auch für den ökumenischen Dialog könne die neue Relativierung des Papstamtes wichtige Anstöße geben, sagte Schüller.

Den Impuls für den Wandel sieht Theologieprofessor Wenzel auch. Die Kirche habe im Laufe ihrer Geschichte immer wieder von den umliegenden Kulturen und Gesellschaften sowie von deren Organisationsformen gelernt: "Warum sollte sie das in Zeiten der Demokratie nicht mehr können?"

Wichtig sei es allerdings, für künftige Fälle vorzusorgen, sagte Wenzel: "Sollte es wieder ein Pontifikat geben, in dem ein Papst alt und krank wird, hat der kirchliche Gesetzgeber die Aufgabe, Regelungen zu schaffen."