Küng hält es zwar für nicht ausgeschlossen, dass das nächste römisch-katholische Oberhaupt aus einem Entwicklungsland kommt. Gerade in Lateinamerika ist es nach Ansicht des Theologen möglich, einen geeigneten Papst zu finden. Allerdings seien die Italiener "durch Papst Ratzinger wieder zu einer großen Macht im Kardinalskollegium gemacht worden", sagte Küng. Sie würden sich sicherlich bemühen, etwa den Kardinal von Mailand, Angelo Scola, nach vorne zu bringen.
Enger Kirchenbegriff solle abgelegt werden
Einige Reformen in der katholischen Kirche seien auch im Sinne der Kurie "unumgänglich", meinte Küng. Er wünsche sich vor allem, dass der "enge Kirchenbegriff abgelegt" und damit ein Projekt des Zweiten Vatikanischen Konzils umgesetzt werde. Bewegung in diese Richtung sei zu erwarten, "wenn man nicht mehr einen Papst hat, der sogar die evangelischen Kirchen nicht als Kirchen anerkennen will".
Küng zählt weltweit zu den profiliertesten christlichen Theologen der Gegenwart. 1979 entzog ihm Rom die Lehrerlaubnis. Mit seiner
Papst- und Kirchenkritik eroberte er sich ein Millionenpublikum. Küng war als Tübinger Professor zum Berater des Zweiten Vatikanischen Konzils berufen worden. Mit Joseph Ratzinger, dem heutigen Papst Benedikt XVI., war er damals der jüngste Teilnehmer.