Die "Königin einer Republik" zieht sich zurück

Foto: dpa/Marcel Antonisse
Königin Beatrix, hier beim Bemalen einer Wand am Nationalen Freiwilligentag 2011, hat ihren Thronverzicht verkündet.
Die "Königin einer Republik" zieht sich zurück
Drei Tage vor ihrem 75. Geburtstag kündigt Königin Beatrix von den Niederlanden ihre Abdankung an. Die Monarchin gab ihren Thronverzicht in einer Fernsehansprache bekannt, die am Montagabend ausgestrahlt wurde.
29.01.2013
epd
Rainer Clos

Jeder Geburtstag der niederländischen Königin Beatrix wurde in den vergangenen Jahren begleitet von Spekulationen darüber, wann sie ihrem ältesten Sohn Kronprinz Willem Alexander (45) den Thron überlässt. Das war kurz vor der Vollendung ihres 75. Lebensjahrs am Donnerstag (31. Januar) nicht anders. Nun aber kam es doch überraschend: Die Monarchin, die seit 1980 niederländisches Staatsoberhaupt ist, will im April zurücktreten.

Sie verkündete dies in einer kurzfristig angesetzten Rede an ihr Volk. Nachfolger soll Willem Alexander werden - er wäre der erste männliche Thronfolger in den Niederlanden seit über 120 Jahren.

Der Terminkalender des populären Staatsoberhauptes bot bislang wenig Anhaltspunkte für derartige Vermutungen: Neujahrsempfänge, ein Treffen mit den niederländischen Botschaftern, Staatsbesuche im Sultanat Brunei und Singapur verzeichnet die Agenda allein für Januar. Mit 240 öffentlichen Terminen, nicht eingerechnet regelmäßige Treffen mit Regierungsmitgliedern, absolvierte Beatrix im vergangenen Jahr ein beachtliches Arbeitspensum.

Sorge um Prinz Friso

In ihrer jüngsten Weihnachtsbotschaft hatte sie für Glaube, Liebe und Hoffnung geworben: "Glaube ist Vertrauen, dass es im Leben einen Sinn gibt, der über das Alltägliche hinausreicht". Zugleich bedankte sie sich bei ihren Landesleuten auch für den Zuspruch, den sie nach ihrer familiären Belastungsprobe erfahren hatte: Im Februar 2012 wurde Prinz Friso, zweitältester ihrer drei Söhne, im österreichischen Lechberg bei einem Ski-Ausflug von einer Schneelawine verschüttet. Seither liegt er im Koma. Dieser Schicksalschlag mag mit eine Rolle gespielt haben bei der Entscheidung für den Thronverzicht.

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Eine neue Erfahrung für die politische Königin war zuletzt, dass sie sich mit weniger Rechten begnügen und mehr auf repräsentative Aufgaben mit rotem Teppich und Ordensverleihung beschränken muss. Denn anders als in der Vergangenheit ist Beatrix seit 2012 nicht mehr in die Sondierungsgespräche zur Regierungsbildung einbezogen.

Unangefochten war die Rolle der Monarchin hingegen am "Prinsjesdag", einem niederländischen Ritual: Zum Auftakt des parlamentarischen Sitzungsjahres kam die Königin an jedem dritten Dienstag im September in Goldener Kutsche zum Rittersaal im Haager Regierungsviertel und hielt die Thronrede - eine Regierungserklärung, der sich in der Zweiten Kammer des Parlaments die Generaldebatte über den Haushalt anschließt.

Niederländer zollen ihrer "Majestät" hohen Respekt

Neben repräsentativen Aufgaben oblag Beatrix, die unnahbarer erschien als ihre Mutter Juliana und wieder auf die Anrede "Majestät" Wert legt, durchaus ein politischer Job. Nach der Verfassung ist sie Teil der Regierung und sitzt dem wichtigen Staatsrat vor. Für ihren Dienst für die Gemeinschaft und politische Stabilität, ihre identitätsstiftende Funktion in Krisensituationen wie nach den Morden an Pim Fortuyn und Theo van Gogh zollen ihr die Niederländer hohen Respekt, von wenigen Antimonarchisten abgesehen.

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Gehuldigt wird der "Königin einer Republik", wie sie der Autor Geert Mak bezeichnet, von den Niederländern traditionell am Königinnentag, dem 30. April. Dann besucht sie mit Thronfolger Willem-Alexander und Prinzessin Maxima zwei Orte - in diesem Jahr waren bislang das nordholländische De Rijp und Amstelveen vorgesehen. Es ist der Geburtstag ihrer Mutter und der Jahrestag ihrer Thronbesteigung. Das gesamte Land ist an diesem Tag im Oranje-Fieber.

Zu Deutschland unterhält Beatrix seit langem enge Beziehungen, nicht nur wegen der familiären Bindungen des Hauses Oranien-Nassau. Sie war das erste Staatsoberhaupt, das 1991 dem wiedervereinten Deutschland einen Staatsbesuch abstattete. Damals fuhr Moderator Hape Kerkeling verkleidet als Beatrix vor Schloss Bellevue vor und schrieb damit Fernsehgeschichte. Zwei Jahrzehnte später führte der 50. Staatsbesuch die niederländische Regentin erneut nach Berlin; Sachsen und Nordrhein-Westfalen waren weitere Stationen.

Königsreich feiert 200-jähriges Bestehen

Auch 2013 versprach ein straffes Programm: Nach zehnjährigem Umbau sollte die Königin das Rijksmuseum Amsterdam am 13. April wieder eröffnen, das Nationalmusem der Niederlande schlechthin. Das Rijksmusem erwarb vor zwei Jahren das pinkfarbene Porträt der Regentin, das Andy Warhol für seine Serie "Vier regierende Königinnen" 1984 malte. Im benachbarten Stedelijk Museum hängt seit September unter dem Titel "H.M." ein Beatrix-Porträt des flämischen Malers Luc Tuymans.

Am 30. Oktober schließlich beginnen die Feierlichkeiten zum 200-jährigen Bestehen des Königsreichs der Niederlande. Beatrix, die vor fast 33 Jahren den Thron bestieg, wird diesen Zeremonien nicht mehr als Staatsoberhaupt vorstehen. Doch sie hält bereits einen Rekord als der älteste regierende Monarch in der niederländischen Geschichte.