"Ich erinnere daran, dass die Menschenwürde in Artikel 1 des Grundgesetzes eine auf christlichen Werten basierende Norm ist. Unser ganzes Menschenbild wäre ohne den christlichen Hintergrund gar nicht vorstellbar", sagte Bertrams dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwochsausgabe).
So gesehen, wirke das, wofür die Kirchen stehen, bereits über die geltende Rechtsordnung auf die Gesellschaft ein, sagte Bertrams: "Darum sollte der Staat auch sehr sorgfältig darauf achten, mit wem er institutionell kooperieren möchte und mit wem nicht."
Scharf wandte sich der Verfassungsrichter gegen Bestrebungen, Teile des islamischen Rechts, der Scharia, in das Familien- oder Erbrecht zu integrieren. "Ich hielte es für verhängnisvoll, unsere vom Freiheitsgedanken geprägte Rechtsordnung vermeintlich 'anzureichern' durch Elemente einer Rechtsordnung, die weit entfernt ist vom Menschenbild und den Grundwerten unserer Verfassung", sagte Bertrams. Hier auch nur "einen Fußbreit Raum preiszugeben", wäre nach den Worten des 65-Jährigen ein fataler Fehler: "Sollten wir es etwa zulassen, die Rolle der Frau in unserer Gesellschaft auf einmal wieder vorkonstitutionell im Sinne der Scharia zu definieren? Ein unerträglicher Gedanke!"
Bertrams geht nach 19 Jahren Amtszeit als oberster Richter des Landes Nordrhein-Westfalen in den Ruhestand. Seit 2012 ist er nebenamtliches Mitglied in der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Westfalen.