Die Welt der Heiligen Schrift zum Anfassen

Foto: epd-bild/Hanno Gutmann
Im Bibelmuseum in Frankfurt am Main können die Besucher an einer orientalischen Getreidemühle versuchen wie in früheren Zeiten das Getreide gemahlen wurde. Als Mitmach-Museum konzipiert eröffnet es den Besuchern die Welt der biblischen Überlieferungen von den Anfängen im Nomadenzelt bis zu modernen Multimediawelt. Exponate zum Anfassen und Erleben ermöglichen eine sinnliche Wahrnehmung. Moderne Präsentationsformen halten vertiefende Informationen bereit und zeigen den Stand gegenwärtiger Forschung.
Die Welt der Heiligen Schrift zum Anfassen
Frankfurter "Bibelhaus Erlebnis Museum" wird zehn Jahre alt
Keine Bibeln unter Glas, sondern Alltagsgegenstände zum Anfassen und archäologische Funde: Das "Bibelhaus Erlebnis Museum" in Frankfurt am Main gibt Einblicke in die Lebenswelt der Bibel. Am Samstag wird das Mitmach-Museum zehn Jahre alt.
19.01.2013
epd
Von Jens Bayer-Gimm

Sie sitzen in einem Nomadenzelt und streichen Kirchererbsenpaste auf Brotfladen, besteigen den Nachbau eines Fischerboots vom See Genezareth und zupfen die Laute wie der judäische König David. Das "Bibelhaus Erlebnis Museum" in Frankfurt am Main lädt Besucher zum Mitmachen ein. "Wir wollen ein lebendiges Bild der Lebenswelt in Israel zur Zeit Jesu vermitteln", sagt Direktor Jürgen Schefzyk. Das Museum zum Anfassen wird am Samstag zehn Jahre alt.

Mit seiner Herangehensweise ist das Frankfurter Bibel-Museum einzigartig. "Es gibt keine Einrichtung in Deutschland, die biblische Texte so veranschaulichen kann", lobt der Mainzer Alttestamentler und Biblische Archäologe Wolfgang Zwickel, der sieben Jahre lang ehrenamtlich die wissenschaftliche Leitung ausübte. Das "Bibelhaus Erlebnis Museum" verbinde einen erlebnispädagogischen Ansatz mit originalen Exponaten und einer wissenschaftlich exakten Interpretation.

Einen Blick hinter die Bibeltexte werfen

So veranschaulicht ein nach neuesten Kenntnissen gefertigtes Modell den von König Herodes gebauten Tempel in Jerusalem zur Zeit Jesu. Die dort dargebrachten Rauchopfer werden durch Gewürze und ein Duftkissen sicht- und riechbar gemacht. Zeitgenössische Quellen zeigen die Bezüge zur Bibel und die geschichtliche Bedeutung auf. "Wir wollen in die Erzählzeit der Bibel hineinschauen und einen Blick hinter die Texte werfen", sagt Schefzyk. Dazu tragen auch Hör- und Filmstationen bei.

###mehr-artikel###Besonders stolz ist der Direktor auf die Zusammenarbeit mit der israelischen Antikenverwaltung. Das "Bibelhaus Erlebnis Museum" sei neben dem Metropolitan Museum of Art in New York die einzige Einrichtung, die archäologische Funde aus Israel für zehn Jahre ausgeliehen bekommen habe. Unter den 270 Objekten befinden sich etwa Münzen der aufständischen Zeloten aus der Bergfestung Masada am Toten Meer, wo sie ihren letzten Widerstand gegen die römische Besatzungsmacht bis 73 nach Christus ausfochten.

Das Konzept des Museums scheint aufzugehen: Zwischen 2003 und 2012 kamen knapp eine Viertelmillion Besucher, mehr als die Hälfte von außerhalb des Rhein-Main-Gebiets. 1.200 bis 1.400 Gruppen besuchen jährlich das Haus, die meisten davon sind Schüler und Konfirmanden. Bei den Einzelbesuchern dominiert die mittlere Altersgruppe zwischen 30 und 50 Jahren.

Bibelwissen wichtig für Kulturverständnis

"Die Bibel wird wieder ein kultureller Mittelpunkt", beobachtet Professor Zwickel. Das Museum erreiche auch kirchenferne Erwachsene. Das Wissen über die Bibel schwinde, es sei aber notwendig, um die abendländische und die orientalische Kultur zu verstehen. Auch zum Dialog kann das Museum beitragen. Eine Schulklasse habe im Nomadenzelt die Abrahamserzählung auf Arabisch, Hebräisch und Deutsch kennengelernt, berichtet Schefzyk. Eine muslimische Schülerin verließ das Zelt mit den Worten: "Wir haben alle die eine Geschichte."

Für die Zukunft halte das Museum weiter Ausschau nach aussagekräftigen Exponaten, sagt der Direktor. So wie der jüngst von der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin erhaltene Kalenderstein von Priene (heute Türkei) aus dem Jahr neun vor Christus, der nun erstmals öffentlich zu sehen ist. Die Inschrift bezeichnet die Geburt des römischen Kaisers Augustus als "Geburt Gottes", dieses "Evangelium" (frohe Botschaft) solle als Beginn einer neuen Zeitrechnung gelten. Der Stein mache deutlich, wie die biblischen Evangelien die Terminologie des Kaiserkultes übernahmen und auf Jesus Christus als "Sohn Gottes" und Friedensbringer ganz anderer Art umdeuteten.