Der evangelische Berliner Bischof Markus Dröge rief in einem Zeitungsinterview zu mehr Engagement gegen Armut auf, und auch Bundespräsident Joachim Gauck warb in seiner vorab aufgezeichneten Weihnachtsansprache für ein solidarisches Deutschland. Der Freiburger Erzbischof Zollitsch wünscht sich einen stärkeren sozialen Zusammenhalt. In einem Beitrag für die in Karlsruhe erscheinenden "Badischen Neuesten Nachrichten" (Montag) empfahl er, die Feiertage dafür zu nutzen, anderen zu verzeihen. Man solle, statt zu kritisieren und zu nörgeln, ein gutes Wort für andere finden und Lob schenken sowie anderen helfen, wo dies möglich ist.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, warnte vor den Folgen von Absolutheitsansprüchen. "Menschliche Absolutheitsansprüche führen letztendlich immer zur Unterdrückung der Freiheit und der Rechte anderer Menschen", sagte der rheinische Präses in der Christvesper am Heiligabend in der Düsseldorfer Johanneskirche. Allzu oft würden Ansprüche auf Absolutheit mit Terror und Gewalt durchgesetzt, wie der Blick zurück in die Geschichte, aber auch auf die Krisenherde der Gegenwart zeige, sagte er. Er verwies auf Selbstmordattentate, den Nahostkonflikt, die Waffenlobby in den USA und den rechten Terror in Deutschland.
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Die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Käßmann, riet dazu, das Leben aus einer anderen Perspektive zu überdenken "und Frieden für uns selbst, aber auch für die Gesellschaft und die Welt" zu finden. Dem vorweihnachtlichen Rummel und Kommerz geht die ehemalige hannoversche Landesbischöfin nach eigenen Worten aus dem Weg. Es sei ein "Armutszeugnis", dass es an Weihnachten immer weniger um Inhalte als um Verkaufsstrategien gehe, sagte sie dem "Mannheimer Morgen" (Montag).
Bundespräsident Gauck unterstrich das Verbindende des Weihnachtsfestes über Religionsgrenzen hinweg. Weihnachten verbinde, wenn Menschen sich besuchen und beschenken - "mit schönen Dingen, vor allem jedoch mit Zuwendung", sagte der evangelische Theologe Gauck in seiner ersten Ansprache zum Fest als Staatsoberhaupt. Für Christen sei Weihnachten das Versprechen Gottes, "dass wir Menschen aufgehoben sind in seiner Liebe", sagte Gauck: "Aber auch für Muslime, Juden, Menschen anderen Glaubens und Atheisten ist es ein Fest des Innehaltens, ein Fest der Verwandten und Wahlverwandten."
Alltägliche Gewalt in Deutschland
Gauck beklagte in der vorab aufgezeichneten Fernsehansprache, die am Abend des ersten Feiertages ausgestrahlt wird, die kriegerischen Auseinandersetzungen weltweit ebenso wie alltägliche Gewalt in Deutschland. Auch warb er für ein solidarisches Deutschland: "Ein Land, das den Jungen Wege in ein gutes Leben eröffnet und den Alten Raum in unserer Mitte belässt. Ein Land, das jene, die seit Generationen hier leben, mit jenen verbindet, die sich erst vor Kurzem hier beheimatet haben."
Der evangelische Berliner Bischof Markus Dröge kritisierte im Berliner "Tagesspiegel" (Montagsausgabe), er habe den Eindruck, dass nach dem Fall der Mauer der Begriff "soziale Marktwirtschaft" sehr stark in Richtung "Marktwirtschaft" verkürzt worden sei. Dass weniger Kinder geboren werden als früher, sei auch auf die Sorge vor einem sozialen Abstieg zurückzuführen, sagte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Deshalb müssten mehr Einrichtungen zur Kinderbetreuung geschaffen werden: "Ich glaube auch, dass das Betreuungsgeld ein Signal in die falsche Richtung ist."
Klage über Geburtenmangel
Der Geburtenrückgang in Deutschland ist nach Ansicht von Kardinal Reinhard Marx ein tiefer kultureller Einschnitt. Der katholische Münchner Erzbischof sagte in seiner Weihnachtsbotschaft: "Wir brauchen eine Wende in den Herzen und Köpfen aller, um neu die Lust auf Leben zu entdecken und die Freude, Leben weiterzugeben." Eine solche Wende werde aber nicht einfach durch Maßnahmen in der Familienpolitik geschaffen, "sondern durch die grundsätzliche Bereitschaft, dem neuen Leben eine wirkliche Priorität einzuräumen". Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister wünscht sich von den Politikern allgemein mehr Weitsicht. "Die Politik orientiert sich sowohl im Land als auch im Bund zu sehr am nächsten Wahltermin", sagte der evangelische Theologe der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (Montag).