Filmkritik der Woche: "Jesus liebt mich"

Foto: dpa/Majestic-Filmverleih
Der Schauspieler Florian David Fitz als Jeshua in einer Szene des Kinofilms "Jesus liebt mich".
Filmkritik der Woche: "Jesus liebt mich"
Der Schauspieler Florian David Fitz setzt in seinem Regiedebüt "Jesus liebt mich" Himmel und Hölle in Bewegung, um dem deutschen Kommerzkino die Klischees auszutreiben. Aber seine Adaption eines Romans von David Safier funktioniert prächtig.
19.12.2012
epd
Sascha Westphal

Schon die erste Szene birgt ein wundersames Versprechen. Die Welt geht mit Pauken und Trompeten unter, wenn auch nur auf der Bühne eines liebevoll gestalteten Papiertheaters, das an die apokalyptischen Szenarien der alten niederländischen Meister erinnert.

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Der Mann, der bei dieser angemessen theatralischen Version der Offenbarung des Johannes die Figuren und Prospekte in der Hand hat, scheint allerdings mehr mit seinen eigenen Dämonen beschäftigt zu sein. Immer wieder zieht er hastig an einer Zigarette oder nimmt einen Schluck aus dem Flachmann. Entsprechend verstört sind die Grundschüler, die dem improvisierten Spektakel in ihrer Turnhalle folgen. So hatte sich ihre Lehrerin den Auftritt des Dorfpfarrers nicht vorgestellt.

All die üblichen Kompromisse, die beinahe selbstverständlich für deutsche Komödien geworden sind, scheinen dem Schauspieler, Drehbuchautoren und nun auch Regisseur Florian David Fitz fremd zu sein. Das ließ bereits sein Drehbuch zu „Vincent will meer“ erahnen. Dessen frischer Grundton durchzieht auch diese sehr freie Adaption von David Safiers Roman "Jesus liebt mich". Zugleich wechselt Fitz erneut wahrhaft virtuos zwischen den Stimmungen. Sein Regiedebüt ist romantische Komödie und Melodram, Provinzposse und Weltuntergangsszenario, Satire und Mysterienspiel in einem. So kann man sich nie ganz sicher sein, was im nächsten Augenblick geschehen wird. Trotzdem wirken diese oft abrupten Wechsel nie forciert. Fitz findet immer ein Gleichgewicht und bleibt dabei ganz nah an seinen Figuren.

Auf den sarkastischen Humor der ersten Szene, die Henry Hübchens Pfarrer Gabriel – einst Erzengel –, als eine Art Anarchisten Gottes einführt, folgt eine bis ins Groteske überspitzte Parodie auf die Klischees moderner romantischer Komödien. Natürlich muss die von Jessica Schwarz gespielte Neurotikerin Marie ihren Verlobten ausgerechnet am Traualtar verlassen. Statt ihm das Ja-Wort zu geben, fällt sie in Ohnmacht.

Am Dienstag ist Weltuntergang

Und natürlich verliebt sich Marie am nächsten Tag gleich wieder neu. Nur ahnt sie nicht, dass der etwas weltfremd wirkende Jeshua (Fitz) niemand anderes als der Messias ist. Am kommenden Dienstag soll die Welt nämlich endlich untergehen. Und Jesus will die letzten Tage noch einmal unter den Menschen verbringen. Als der Teufel, der bei Nicholas Ofczarek eher müde als wirklich böse wirkt, davon erfährt, wittert er seine große Chance. Vielleicht geht der letzte große Kampf doch anders aus, als von Johannes prophezeit.

Der Satan, der sich hier im wahrsten Sinne  selbst stinkt, ist die eigentlich tragische Figur in einer Welt allzumenschlicher Fehler und Schwächen. Auch er ist nicht perfekt. Aber er muss anders als Michael Gwisdeks offensichtlich heillos überforderter Gott den Preis dafür zahlen. Wie Gwisdek, Hübchen und Fitz selbst holt Ofczarek seine Figur aus den Höhen biblischer Erzählungen auf den Boden der Erde. Das ermöglicht dem Regisseur Fitz einen neuen, durch und durch zartfühlenden Blick auf den Himmel und die Hölle, die Welt und die Menschen, der einem wieder etwas Glauben schenkt, und wenn auch nur an das kommerzielle deutsche Kino.

Regie, Buch: Florian David Fitz (nach einem Roman von David Safier). Mit: Florian David Fitz, Jessica Schwarz, Hannelore Elsner, Peter Prager, Michael Gwisdek, Henry Hübchen, Johannes Allmayer. L: 103 Min. FSK: ab 12 Jahre.