Es waren gleich zwei Herzenswünsche, aber nur einer ging in Erfüllung. Bärbel Rosendahl schrieb vor 50 Jahren den ersten Brief an den Weihnachtsmann im niedersächsischen Himmelpforten. Die Tochter des Gastwirts im Ort hatte Glück und bekam Antwort. "Ich habe mir eine Puppe und einen lieben Bruder gewünscht", erinnert sich die mittlerweile 58-Jährige. Die Puppe lag unter dem Christbaum, einen Bruder gab es aber nicht, schließlich hatte sie schon einen. Heute ist Himmelpforten das älteste von bundesweit sieben Weihnachtspostämtern.
"Mein Vater hatte die spontane Idee: Schreib' doch mal dem Weihnachtsmann", erinnert sich Bärbel Rosendahl. Daraufhin brachte sie einen Umschlag mit der Adresse "An den Weihnachtsmann im Himmel" auf den Weg. Vom örtlichen Poststellenleiter Helmut Stolberg kam eine Antwort, mit Abziehbildern verziert und als "Luftpost" zurückgeschickt "aus dem Himmel hinter den Wolken". Das sprach sich rum: In Himmelpforten wohnt der Weihnachtsmann, der Kindern auf ihre Briefe antwortet.
Antwort mit Weihnachtsmarke und Sonderstempel
Und das nun schon seit einem halben Jahrhundert, mittlerweile unter der Leitung von Postmann Wolfgang Dipper. Waren es 1966 noch 4.300 Briefe, schickten 2001 bereits 23.000 Kinder ihre Wünsche. Im vergangenen Jahr waren es knapp 48.000 Sendungen aus aller Welt.
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An diesem Dienstag nimmt Dipper im Auftrag des Weihnachtsmannes und des Christkindes den Brieföffner wieder in die Hand und beantwortet zusammen mit einem Team irdischer Helfer die Post, die täglich waschkörbeweise kommt. Schon liegen einige Tausend parat.
Bundesweit erreichten im vergangenen Jahr in sieben "himmlischen Postämtern" mehr als 600.000 Briefe, Karten und Wunschzettel aus fast 80 Ländern den Weihnachtsmann, das Christkind und den Nikolaus. Mit 300.000 Sendungen kamen die meisten im brandenburgischen Himmelpfort an.
Doch das Postbüro mit der längsten Erfahrung ist Himmelpforten, das die Papierflut in diesem Jahr mit 27 ehrenamtlichen Helfern bewältigt. Wer seinen Brief bis zum 15. Dezember abschickt, kann auf eine Antwort mit Weihnachtsmarke und Sonderstempel hoffen, verspricht Dipper - wegen der Menge in der Regel vorgedruckt.
"Mit Hartz IV haben die Problembriefe zugenommen"
Spielekonsolen und MP-3-Player sind unter den kleinen Briefeschreibern besonders beliebt. Doch manchen geht es wie der 17-jährigen Svenja aus Süddeutschland gar nicht um materielle Dinge. "Irgendwie komme ich mir etwas doof vor, in meinem Alter noch an Weihnachtsmann und Christkind zu glauben", bekennt sie.
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Aber dann hat sie doch einen bewegenden Wunschzettel aufgeschrieben: "Tante Claudia hat Krebs. Macht sie bitte, bitte wieder ganz gesund." Wenn solche Briefe kommen, antwortet Dipper handschriftlich. Unter den Wünschen, die sich nicht für Geld kaufen lassen, stehen regelmäßig auch Frieden und genügend Nahrung für die Armen dieser Welt ganz oben.
Mal soll das Christkind die gestorbenen Großeltern zurückbringen, mal geht es um einen neuen Job für den arbeitslosen Papa. "Mit Hartz IV haben die Problembriefe zugenommen", bilanziert Dipper.
Haus mit "1.000 Weihnachtsmännern und einem Christkind"
Bis Heiligabend rechnet er mit rund 50.000 Sendungen, die im Christkindpostamt eintreffen, das vor ein paar Jahren in die schmucke Villa von Issendorff mitten im Ort eingezogen ist. Gleich nebenan hat erst kürzlich ein Haus mit "1.000 Weihnachtsmännern und einem Christkind" eröffnet, das ganzjährig besichtigt werden kann. Auch mit einem "Christkindmarkt" vom ersten bis zum zweiten Advent hofft Himmelpforten, Gäste in den Ort locken zu können.
Vielen Mädchen und Jungen jedenfalls ist das 5.000-Seelen-Dorf längst ein Begriff. Sie bedanken sich für die erhoffte Antwort oft mit bunten Zeichnungen, Bastelarbeiten und kleinen Süßigkeiten, die sie in die Umschläge stecken. Und Bärbel Rosendahl? Sie wohnt noch immer in Himmelpforten, und freut sich über das, was aus dem Wunsch des kleinen Mädchens und der Idee ihres Vaters gewachsen ist. Sie ist überzeugt: "Wenn mein Vater noch leben würde, wäre er stolz darauf."
