Experten uneins über Erlaubnis der Beschneidung von Minderjährigen

Experten uneins über Erlaubnis der Beschneidung von Minderjährigen
Freiheit für Religionen oder Legalisierung unnötiger Schmerzen? Die Debatte über das geplante Beschneidungsgesetz bleibt kontrovers. Der Rechtsausschuss des Bundestages hörte am Montag Kritiker und Befürworter an.

Unter Experten bleibt die religiös motivierte Beschneidung umstritten. Vor dem Rechtsausschuss des Bundestages sprach sich am Montag eine Mehrheit der geladenen Juristen, Mediziner und Religionsvertreter für eine umfassende Erlaubnis aus, wie sie die Bundesregierung plant. Andere Fachleute sehen darin dagegen einen Verstoß gegen das Kindeswohl.

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Die Vertreter der Religionsgemeinschaften betonten die große Bedeutung der Beschneidung. Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, sagte, die Beschneidung sei keine Folter, sondern ein Initiationsritus. Eine Missachtung des Beschneidungsgebotes gelte als bewusste Abkehr vom Judentum, sagte die Bamberger Rabbinerin und Medizinerin Antje Yael Deusel. Juden ist in der Tora vorgeschrieben, einen Sohn am achten Tag nach der Geburt zu beschneiden.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, sagte, Beschneidung gehöre auch zur islamischen Pflicht. Diskutiert wird über die Zulässigkeit des Eingriffs, seitdem das Kölner Landgericht die Beschneidung von Minderjährigen aus religiösen Motiven als Körperverletzung gewertet hatte. Um wieder Rechtssicherheit herzustellen, hat Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) einen Gesetzentwurf vorgelegt, der den Eingriff von Geburt an erlaubt, wenn medizinische Standards eingehalten werden.

Gute Erfahrungen mit jüdischen Beschneidern

Im Rechtsausschuss lobten die Juristen mehrheitlich den Entwurf der Bundesregierung. Ausnahme war der Verfassungsrechtler Reinhard Merkel. Er sehe Mängel unter anderem bei der Frage, wie eine effektive Schmerzbehandlung bei einem religiösen Beschneider gewährleistet werden soll.

Religiöse Beschneider (Mohel) sind vor allem im Judentum üblich. Nach dem Regierungsentwurf können sie weiter praktizieren, wenn der Junge nicht älter als ein halbes Jahr ist. Der Zentralrat er Juden kündigte im Zuge der Diskussion um Beschneidung an, die Ausbildung für Mohalim neu zu organisieren und Standards zu entwickeln. Solch ein Zertifizierungsinstitut werde in Kürze ins Leben gerufen, sagte Kramer vor den Abgeordneten.

Der Ärztliche Direktor des Jüdischen Krankenhauses in Berlin, Kristof Graf, sagte, sein Haus haben gute Erfahrungen mit Mohalim gemacht. Er verteidigte die Beschneidung als religiöses Ritual und verwies dabei auf die geringe Komplikationsrate. Nach seinen Angaben gab es am Jüdischen Krankenhaus in Berlin von 2003 bis 2012 insgesamt 1.531 Beschneidungen. Dabei habe es nur in elf Fällen Nachblutungen, in einem Fall schwerer Art gegeben.

Kinderärzte: Beschneidung nur wenn der Junge zustimmt

Behauptungen, dass Beschneidungen nahezu komplikationslos seien, seien wissenschaftlich nicht haltbar, sagte dagegen der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Wolfram Hartmann. Er warb nachdrücklich für den von Oppositionspolitikern vorgelegten, alternativen Gesetzentwurf zur Beschneidung. Dieser erlaubt Eltern die Einwilligung in eine Beschneidung nur, wenn der Sohn mindestens 14 Jahre alt ist und selbst zustimmt.

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Daneben haben Parlamentarier Änderungsanträge zum Regierungsentwurf eingereicht. Der Grünen-Rechtspolitiker Jerzy Montag fordert unter anderem, den Kindeswillen stärker im Gesetz zu verankern. Henning Radtke, Richter am Bundesgerichtshof, bezweifelte bei der Anhörung die Praktikabilität solch eines Passus' gerade bei sehr kleinen Kindern. Im Strafprozess könne kaum aufgeklärt werden, was der Kindeswille war, sagte er.

Zudem gibt es einen Änderungsantrag des SPD-Rechtspolitikers Burkhard Lischka. Er sieht vor, dass das Bundesgesundheitsministerium eine Verordnung über Standards für Beschneidungen und religiöse Beschneider erlässt. Zudem will Lischka erreichen, dass das Beschneidungsgesetz fünf Jahre nach Inkrafttreten evaluiert und gegebenenfalls nachgebessert wird.