In einem Beitrag für die "Süddeutsche Zeitung" (Dienstagsausgabe) schreibt der Politiker der regierenden konservativ-islamischen Partei AKP, die Türkei beobachte "mit Verwunderung, dass die ungestörte Religionsausübung in Deutschland nicht mehr gewährleistet" sei.
Das Urteil des Kölner Landgerichts, das die rituelle Beschneidung von Knaben als Körperverletzung gewertet hat, stehe im Widerspruch zum Recht auf Religionsfreiheit, betont der Minister. Der Richterspruch zeuge "von großer kultureller und historischer Ignoranz". Das Beschneidungsgebot sei für religiöse Juden und Muslime "unverhandelbar", fügt Bagis hinzu.
Von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hätte er sich in der Debatte gewünscht, dass sie deutlicher ihre Solidarität mit den in Deutschland lebenden Muslimen gezeigt hätte, erklärt der Politiker. Dies wäre ein Zeichen gegen eine zunehmende Islamfeindschaft im Land gewesen. Deutschlands Schlüsselrolle in der Schuldenkrise sei "weltweit anerkannt und angesehen", schreibt der Minister. Allerdings müsse die Bundesrepublik "auch auf dem Gebiet kultureller und religiöser Toleranz" ein Vorbild sein.
Als Reaktion auf das Kölner Urteil hatte der Bundestag die Bundesregierung aufgefordert, bis zum Herbst einen Gesetzentwurf vorzulegen, der religiöse Beschneidungen erlaubt. Der Deutsche Ethikrat empfahl in der vergangenen Woche, religiöse Beschneidungen unter strengen Auflagen zu ermöglichen.