"Prävention ist nur dann sinnvoll, wenn sie keine Angst macht und die Kinder aktiv miteinbezieht", sagte die Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Prävention und Prophylaxe e.V. in einem epd-Gespräch. Angst erzeugende Warnungen wie "Geh mit keinem Fremden mit" oder Grusel-Geschichten vom "Kinderklauer" führten nicht weiter.
Oft herrscht in Kinderköpfen die Angst vor dem gefährlichen Fremden, dem "Kinderklauer", der auf dem Schulweg die Kinder ins Auto zieht. Häufig kommen die Täter aber aus dem sozialen Nahbereich wie Familie, Freundeskreis, pädagogische Einrichtungen, Kirche und Vereine. Die Zahl der Fremdtäter ist im Vergleich dazu verschwindend gering.
Erfolgreiche Wege der Prävention
Als erfolgreich erweisen sich Methoden, die Kinder konstruktiv in die Prävention miteinbeziehen, anstatt ihnen Angst zu machen. Wir sollten Kinder über die Möglichkeit sexueller Übergriffe informieren und ihre Kompetenzen fördern. Wir geben Kindern in unseren Workshops Handwerkszeug an die Hand, damit sie für gefährliche Situationen besser gerüstet sind. Wenn Kinder etwa auf der Straße von Fremden angesprochen werden, können sie sagen: "Ich kenne Sie nicht, ich spreche nicht mit Ihnen!" Wichtig bei der Prävention ist, dass richtige Verhaltensweisen eingeübt und anschließend wiederholt werden. Täter sind häufig kreativ, wenn es darum geht, sich Kindern anzunähern.
Eltern haben oft Angst vor dem Thema 'sexueller Missbrauch'. Sie fordern zwar die Auseinandersetzung mit dem Tabu, aber immer unter dem Motto: Das hat ja eigentlich nichts mit mir zu tun. Dabei können Eltern eine Menge tun. Zum Beispiel das körperliche Selbstbestimmungsrecht ihrer Kinder ernst nehmen und fördern. Sprüche wie "Gib Oma mal ein Küsschen", wenn das Kind Verweigerung signalisiert, sind falsch. Oder wenn ein Kind plötzlich allein auf der Toilette sein möchte, sollte das kommentarlos respektiert werden. So wird das Bewusstsein für körperliche Intimität geschärft. Dabei geht es nicht um Körperfeindlichkeit. Es geht darum, die Autonomie des Kindes zu stärken. Wenn Kinder in dem Gefühl aufwachsen, jeder dürfe über ihren Körper verfügen, dann werden sie einen sexuellen Übergriff auch nicht als solchen einordnen können und womöglich weniger Widerstand leisten.