Bis 2020 sollen laut dem Gesetzentwurf 40 Prozent der Aufsichtsratsposten mit Frauen besetzt werden. Kooperieren die Konzerne nicht, drohen ihnen Sanktionen, etwa Geldbußen. Nach den 27 Kommissaren müssen noch das Europaparlament und die europäischen Regierungen im Ministerrat zustimmen.
Doch die Reaktionen fielen schon am Mittwoch heftig aus. Von einer "Zwangsquote" und einer "zentralistischen Vorgabe" sprach die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) in Berlin. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnte die Pläne ab. Die Bundesregierung sei "eindeutig der Auffassung, dass so etwas auf nationaler Ebene geregelt werden soll", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.
Redings Vorschlag zielt nicht explizit auf Frauen, sondern auf das "unterrepräsentierte Geschlecht" ab. Die Konzerne sollen transparente Auswahlverfahren abhalten, um die am besten qualifizierten Kandidaten herauszufiltern. Bei gleicher Eignung soll dann das unterrepräsentierte Geschlecht bevorzugt werden. Diese Regelung sei rechtlich wasserdicht, sagte Reding nach der Brüsseler Sitzung. Die 40-Prozent-Vorgabe lasse sich mit Hilfe solcher Verfahren erfüllen: "Es gibt in der EU genug qualifizierte Frauen."
Erhebliche Umstellung für deutsche Unternehmen
Wird der Richtlinienvorschlag rechtskräftig, müssten sich deutsche Unternehmen erheblich umstellen. In der Bundesrepublik sind derzeit nur 15,6 Prozent aller Aufsichtsratsmitglieder weiblich. Damit liegt die Bundesrepublik an zehnter Stelle der EU-Länder und immerhin knapp über dem EU-Durchschnitt von 15 Prozent. Die Spitzenplätze nehmen Finnland und Schweden ein (27,9 und 26,5 Prozent). Auch die Bundesregierung hält den Frauenanteil in Führungsetagen für zu niedrig - will aber keine europäische Regelung dazu.
"Diese Art von Überregulierung schwächt Europa", unterstrich Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) in der "Rheinischen Post" (Donnerstagsausgabe). Familienministerin Kristina Schröder (CDU) kritisierte die Brüsseler Pläne ebenfalls. Brüssel habe keine Zuständigkeit für eine Frauenquoten-Richtlinie, sagte sie. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe, dass die Vergabe von sensiblen Aufsichtsratssitzen nicht wie eine normale Stellenausschreibung funktioniere.
Damit liegt Deutschland auf ähnlicher Linie wie Großbritannien und andere kritische Regierungen. Befürworter einer EU-Quote sind dagegen etwa die Österreicher, die Franzosen und die Italiener. Die Idee einer festen Frauenquote ist in Europa ohnehin nicht neu: Etliche Länder haben bereits im Alleingang nationale Quoten eingeführt. Nach Angaben von Diplomaten haben sie damit in aller Regel gute Erfahrungen gemacht.
EU-Parlament trägt Pläne von Reding mit
Eine wichtige Rolle kommt nun dem Europaparlament zu. Dieses trägt Redings Pläne im Grundsatz mit. Von einem "Meilenstein" sprach am Mittwoch etwa die FDP-Europaabgeordnete Silvana Koch-Mehrin. Auch Gleichstellungspolitiker der Christdemokraten begrüßten die Vorlage.
Noch vor drei Wochen hatte Redings Quoten-Initiative im Kollegium der EU-Kommission auf der Kippe gestanden. Damals waren die Kommissare so uneins, dass sie ihre Beratungen ergebnislos vertagt hatten. Reding hat ihren Vorschlag mittlerweile leicht abgeschwächt. Unter anderem gibt es mehr Spielraum bei den Sanktionen für Unternehmen. Auch von ihren Plänen, 2013 eine Initiative für eine Quote für Vorstände zu starten, hat Reding erst einmal Abstand genommen.