Vatikan: Päpstlicher Ex-Kammerdiener und weitere Mitarbeiter angeklagt

Vatikan: Päpstlicher Ex-Kammerdiener und weitere Mitarbeiter angeklagt
Die vatikanische Justiz erhebt wegen der Weitergabe vertraulicher Dokumente von Papst Benedikt XVI. Anklage wegen schweren Diebstahls gegen den ehemaligen päpstlichen Kammerdiener Paolo Gabriele.

Wegen Beihilfe zum schwerem Diebstahl werde sich zudem der Informatiker Claudio Sciarpelletti, ein Mitarbeiter des Staatssekretariats, vor Gericht verantworten müssen, gab Vatikansprecher Federico Lombardi am Montag bekannt.

Der Untersuchungsrichter Piero Antonio Bonnet folgt mit der Anklageerhebung gegen die beiden Verdächtigen den Forderungen der Ermittler. Der Abschluss der Ermittlungen bedeutet nach Lombardis Worten nicht, dass kein weiterer Vatikanmitarbeiter Dokumente an Journalisten gegeben hat. In den vergangenen Monaten waren vertrauliche Vatikan-Dokumente an die Medien durchgesickert. Der Vatikan hatte die Veröffentlichungen scharf kritisiert, italienische Mieden hatten im Zusammenhang mit der "Vatileaks"-Affäre über einen Machtkampf in der Kurie spekuliert.

Erstmals auch zweiter Angeklagte benannt

In dem am Montag veröffentlichten 14-seitigen Bericht der Anklage erscheint erstmals der Name des zweiten Angeklagten in der Affäre um Geheimnisverrat im Vatikan. Die Ermittler entdeckten demnach bei einer Durchsuchung in Sciarpellettis Büro im Staatssekretariat einen verschlossenen Umschlag mit der Aufschrift "P. Gabriele - persönlich". Bei wiederholten Verhören machte Sciarpelletti widersprüchliche Aussagen.

Zunächst gab er an, Gabriele habe ihm die Papiere gegeben, "damit ich mir eine Meinung dazu bilden könnte". Später sagte er, "der Umschlag wurde mir von W. gegeben, ich sollte ihn an Gabriele weitergeben". Der Verdacht der Komplizenschaft erhärtete sich in den Augen der Ermittler jedoch nicht. Der Informatiker werde daher allein wegen Beihilfe angeklagt.

Zwei von der Anklage und der Verteidigung in Auftrag gegebene psychologische Gutachten attestierten Gabriele den Angaben zufolge eine Persönlichkeitsstörung. Das Urteil des Untersuchungsrichters geht jedoch davon aus, dass der ehemalige Kammerdiener des Papstes dennoch schuldfähig ist.

###mehr-links### Gabriele übergab Kopien der internen Vatikandokumente den Angaben zufolge nicht nur an Sciarpelletti, sondern auch an einen Priester seines Vertrauens, "Padre B.". Dieser sagte laut Untersuchungsbericht aus, er habe die Dokumente angesichts von deren illegaler Herkunft nicht eingesehen und sie verbrannt. Der Priester wurde als Zeuge vernommen. Die vatikanische Justiz plant keine Anklage gegen den Geistlichen, sagte Lombardi.

Die Ermittlungen hätten einen starken Kontrast zwischen den erklärten guten Absichten des Kammerdieners und dessen objektiven Verhalten ergeben, ergänzte der Vatikansprecher. "Weil ich überall in der Kirche Bösartigkeit und Korruption sah, war ich mir sicher, dass ein medialer Schock heilsam sein könnte, um die Kirche wieder ins richtige Gleis zu bringen", sagte Gabriele über sein Motiv.

Mit der Prozesseröffnung vor einem Gremium von drei Richtern sei nicht vor dem 20. September zu rechnen. Hinsichtlich einer möglichen Begnadigung des Angeklagten sagte Lombardi, dabei sei die "Autonomie des Papstes" zu beachten. Gabriele hat bereits eine Vergebungsbitte an Benedikt XVI. gerichtet. Der unter Hausarrest stehende ehemalige Kammerdiener sei aufgrund des Verfahrens suspendiert, erhalte jedoch weiterhin sein Gehalt.

Die Veröffentlichung der Ermittlungsergebnisse und der Anklageschrift demonstriert dem Vatikansprecher zufolge den Wunsch nach Transparenz. Die Namen der angehörten Zeugen, darunter der Mitglieder des päpstlichen Haushaltes, seien aus Respekt vor deren Privatsphäre nicht genannt. Der zweite Angeklagte wurde nach Zahlung einer Kaution auf freien Fuß gesetzt.