Die Annäherung, sie beginnt im Kopf – bevor du dich in der anderen "Ebene" befindest. Es beginnt schon bei der Vorbereitung: Motor anlassen, Instrumentencheck, Abflugprozedere prüfen, die Frequenz des Towers wählen. Du rollst auf dem Taxiway zum Abflugpunkt der Runway 22 Links. Die Gedanken eilen voraus, zu jenem Moment, an dem du den Boden unter dir lassen wirst. "Cessna 21015 you're cleared for take off, Runway 22 Left". Vollgas! 40 Knoten, 45 Knoten, 50 Knoten, das Bugrad hebt an, 55 Knoten, 60 Knoten – das Flugzeug löst sich vom Asphalt! Der Kopf schaltet um! Nun gibt es zwei Welten, die kleine Welt im Flugzeug und die große Freie in der Luft.
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Bäume, Häuser, Wiesen werden zur Märklinwelt, über die ich sanft hinwegziehe. Der Himmel weitet sich. Ich steige auf 3000 Fuß, auf 4000 Fuß. Bei jeder Kurve dreht sich der Horizont in Schräglage, die Welt unter mir kippt, und richtet sich gleich wieder auf. 5.000 Fuß! Ich steige weiter von der Erde weg, zu den weißen Wolken, die scharfe Ränder an den Seiten zeigen. 6.000 Fuß. Die Sonne blitzt über die entfernten Bergspitzen, der Horizont ist weit und schimmert – die Welt unter mir ist eben. 7000 Fuß. Ich nähere mich den mächtigen weißen Haufen ...
"Nur mehr gemalt liegt die Welt am Boden"
Jetzt sind sie da!! Im Headset Gustav Mahlers "Misterioso" aus der 3. Sinfonie: – "Ohh Mensch!" – Sie schweben gewaltig, alles bestimmend neben mir, so nah, als könnt' ich sie anfassen – "Ohh Mensch!" – ich bin allein mit ihnen, begebe mich in ihr Labyrinth, ein verträumtes Spiel um die weißen Mächtigen beginnt, – "Gib acht!" – ein Tänzeln um die Untouchables, hineindrehen in die hohen Schluchten zwischen den weißen Wänden, die schnelle Schatten werfen.
Der Blick schweift weit über buschige Wolken. Foto: Andreas Fritzsche
"Aus tiefem Traum bin ich erwacht" – zwischen zwei Türmen der Blick hindurch – "Die Welt ist tief" – nur mehr gemalt liegt sie am Boden, zu dem ich bald zurückkehren muss – "Doch alle Lust will Ewigkeit" – der Tanz, noch endet er nicht, ich steige höher, umkreise sie, sie, die mir erscheinen wie erhobene Arme mit offenen Händen – zwei Runden, drei Runden fünf Runden nach oben – 9000 Fuß. Ihre im Wind fliehenden Spitzen leuchten in der Sonne, ein letzter Kreis um sie herum bis dass der höchste weiße Flaum wie flüchtig noch die Flügelspitzen umweht ...
Die Annäherung, sie beginnt im Kopf – bevor du zurückkehrst auf den festen Boden. Geschwindigkeit reduzieren, Sinkrate einstellen, Landeklappen setzen. "Cessna 21015 you're cleared to land, Runway 22 Left" – du drehst hinein auf 220 Grad, die Bahn liegt vor dir, und es gibt kein schöneres Gefühl, als wenn die Gedanken vorauseilen zum Moment des Aufsetzens – die Lichter der Landebahn blitzen, noch 300 Fuß über Boden, die Bäume fliegen unter dir vorbei, 100 Fuß, der Boden ganz nah ... jetzt über der Bahn ... und – "touch down". Die Wolken am Himmel sehen hübsch und zärtlich aus.