"Ich kann mich nicht auf die Tradition der Kirche berufen und sie dann nur auszugsweise akzeptieren", sagte der Erzbischof in einem Interview mit der Vatikanzeitung "Osservatore Romano" (Freitagsausgabe). Der Vatikan führe "keine Verhandlungen über das Wort Gottes, und man kann nicht zugleich glauben und auch wieder nicht".
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Wenige Tage zuvor war im Internet ein vertraulicher Brief des Generalsekretärs der Priesterbruderschaft St. Pius X., Christian Thouvenot, verbreitet worden, in dem er die Forderung des Vatikans nach Anerkennung des Zweiten Vatikanischen Konzils ablehnt. Die Glaubenskongregation hatte diesen Schritt bei den Verhandlungen mit den Piusbrüdern zur Bedingung für eine Rückkehr zur katholischen Kirche gemacht. Müller ist in seiner neuen Funktion als Chef der Glaubenskongregation für den Dialog mit der traditionalistischen Piusbruderschaft zuständig.
Mit Blick auf die Kritik an seiner Nähe zum peruanischen Befreiungstheologen Gustavo Gutierrez forderte Müller auf, "zwischen einer falschen und einer richtigen Theologie der Befreiung" zu unterscheiden. Die Kirche müsse sich fragen, "wie können wir von der Liebe und Barmherzigkeit Gottes sprechen angesichts des Leidens vieler Menschen, die nichts zu essen und zu trinken haben". Eine Vermischung von marxistischen Selbsterlösungslehren und dem von Gott geschenkten Heil sei jedoch grundsätzlich abzulehnen, sagte Müller.
Müller sieht eine seiner Hauptaufgaben als Präfekt der Glaubenskongregation darin, die katholische Lehre positiv zu vermitteln. Erst in zweiter Linie gehe es darum, den Glauben "gegen Irrtümer und Verkürzungen" zu verteidigen. Zu den größten Herausforderungen in seinem neuen Amt zählt der ehemalige Regensburger Bischof "dass Gruppen von rechts und von links unsere Zeit und unsere Aufmerksamkeit sehr in Anspruch nehmen".