Dass die Bundesregierung eine Klarstellung offiziell zugesagt habe, "ist ein wichtiges und positives Signal, das wir würdigen", sagte Zentralrats-Präsident Dieter Graumann der "Passauer Neuen Presse" vom Samstag. Nun müssten aber auch schnelle Taten folgen. Auch die Bundesärztekammer forderte zügiges Handeln der Politik. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) will prüfen, ob sich eine Legalisierung religiöser Beschneidungen im Patientenrecht verankern lässt.
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Das Kölner Landgericht hatte die Beschneidung eines muslimischen Jungen als Körperverletzung gewertet. Dies war bei Vertretern von Juden und Muslimen, aber auch bei den Kirchen auf scharfe Kritik gestoßen. Am Freitag hatte die Bundesregierung angekündigt eine gesetzliche Regelung zu schaffen, um den religiösen Ritus weiter zu ermöglichen.
Graumann erklärte, nach dem Urteil des Kölner Landgerichts herrsche große Verunsicherung: "Sie verbindet sich mit der Frage, ob jüdisches Leben in Deutschland weiter möglich sein wird."
Er hoffe jetzt auf eine breite, parteiübergreifende Mehrheit für das Gesetz im Bundestag, sagte der Zentralrats-Vorsitzende. "Die Grünen haben sich schon sehr früh positioniert. Die SPD hat sich gerade auch sehr positiv geäußert. Das schätzen wir sehr." Nur die Linke habe zum umstrittenen Urteil des Kölner Landgerichts noch nicht Stellung bezogen. Die Partei habe offenbar die "totale Sprachlosigkeit befallen", kritisierte Graumann.
Auch die Ärzte begrüßen Rechtssicherheit
Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, erklärte, durch das Urteil liefen Mediziner Gefahr, strafrechtlich belangt zu werden, wenn sie Beschneidungen vornehmen. "Deshalb begrüßen wir, dass sich die Politik der Sache annimmt, damit diese Kinder nicht irgendwelchen Barbieren oder angelernten Hilfskräften unter die Hände fallen", sagte Montgomery dem "Tagesspiegel" (Sonntagsausgabe).
Ob rituelle Beschneidungen über das Patientenrechtegesetz geregelt werden können, ließ Montgomery offen. Das müssten Juristen beurteilen, sagte er. "Aber wenn man die Sache auf diese Weise rechtsfest machen könnte, würden wir uns nicht dagegen sträuben."
Bundesregierung betont den Wert von Religionsfreiheit
Gesundheitsminister Bahr sagte der "Welt" (Samstagsausgabe): "Wir werden diskutieren, ob das im Patientenrecht geregelt werden kann." Man müsse aber abwarten, ob dieser Weg rechtlich gangbar sei. Er gehe davon aus, dass dazu bald Vorschläge von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) vorliegen. Der Minister fügte hinzu: "Für mich ist die freie Ausübung der Religion ein ganz hohes Gut." Deshalb müssten Beschneidungen bei Juden und Muslimen als Ausdruck religiöser Selbstbestimmung straffrei bleiben.