Der Bundesverband der niedergelassenen Kinderchirurgen Deutschlands habe seinen Mitgliedern empfohlen von rituellen Beschneidungen abzusehen, sagte der Verbandsvorsitzende Ralf Tanz der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Das Landgericht Köln hatte am Dienstag die Beschneidung eines minderjährigen Jungen aus religiösen Gründen als Körperverletzung bewertet.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, sagte, er werde die Ärzte nun ebenfalls darauf hinweisen müssen, "welches Risiko sie eingehen". Der stellvertretende Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie, Bernd Tillig, empfahl Eltern, die Beschneidung ihrer Söhne soweit wie möglich hinauszuzögern bis zu einem Alter, in dem sie selbst entscheidungsfähig seien.
Kliniken reagieren unterschiedlich
Tillig ist Chefarzt und Direktor der Kinder- und Neugeborenenchirurgie und der Kinderurologie des Vivantes Klinikums Neukölln in Berlin. Er habe an seiner Klinik muslimische Jungen beschnitten und werde dies auch weiterhin tun, sagte Tillig der Sonntagszeitung, zog jedoch eine klare Grenze bei der Beschneidung von Säuglingen: "Im Neugeborenenalter lehnen wir Beschneidungen definitiv ab."
Der Oberarzt in der Urologie des Universitätsklinikums Charité in Berlin, Ahmed Magheli, sagte dem Blatt, bisher habe man, wenn auch "relativ unregelmäßig", Beschneidungen aus religiösen Gründen vorgenommen. Nach dem Kölner Urteil werde man diese Praxis "natürlich ändern". Auch Gralf Popken, Fachgruppenleiter Urologie der Helios-Kliniken, bestätigte auf Anfrage, man nehme nur noch Beschneidungen bei Patienten vor, die mündig seien und ihre Einwilligung gegeben hätten. Die Beschneidung von Jungen wird vor allem unter jüdischen und muslimischen Gläubigen praktiziert.