Der Prediger aus Texas zieht beim Gespräch über Gott Vergleiche zu Fast Food-Restaurants. Wenn man ein solches Restaurant besuche, verkündet Osteen, frage die Bedienung, ob man Getränke "supersizen", also als Riesenportion bestellen wolle. Bei Gott sei das genau so. Er teile Lebensfreude in Riesenportionen aus. Gläubige sollten Erfolg haben in allen Lebensbereichen. Wer glaube, werde von "Segnungen eingeholt", verspricht Osteen im Internet-Dienst "Christian Post".
Strahlendes Gesicht, jugendliches Auftreten. Joel Osteen, an seiner Seite die superblonde und ebenfalls gut aufgelegte Ehefrau Victoria, kann in den USA gegenwärtig als der wohl erfolgreichste Prediger gelten. Barack Obama hat ihn einmal ins Weiße Haus eingeladen. Bei Veranstaltungen wird er umjubelt wie ein Popstar.
Die Nummer eins der US-amerikanischen Megakirchen
Manchen ist die frohe Botschaft des 49-jährigen Predigers zu fröhlich. Seine Theologie sei "falsch", urteilt Autor Greg Garrett von der baptistischen Baylor Universität. Jesus selber habe in Armut gelebt und er sei leidend gestorben: Es mache keinen Sinn zu sagen, Gott werde "uns geben, was wir wollen, obwohl wir nur ein Quentchen des Glaubens" von Jesus Christus haben. Doch Osteen kommt an. Vielen macht er offenbar Hoffnung.
Seine "Lakewood Kirche" in Houston mit geschätzten 40.000 sonntäglichen Besuchern gilt als die Nummer eins der Megakirchen in den USA. Lakewood-Gottesdienste werden in christlichen Fernsehsendern übertragen. Die Tageszeitung "Houston Chronicle" schätzt, dass weltweit rund zehn Millionen zuschauen. Wenn Osteen in Sportstadien predigt, zahlt das Publikum Eintritt, im Baseballstadion von Washington waren kürzlich 18 Dollar fällig. Osteens "Nacht der Hoffnung" war die größte religiöse Veranstaltung in der Hauptstadt seit Papst Benedikts Messfeier 2008.
Glauben gegen Bares
Osteens Bücher klettern auf die Beststellerlisten, auch sein jüngstes "Every Day a Friday: How to Be Happier Seven Days a Week". (Jeder Tag ein Freitag: Wie man sieben Tage in der Woche glücklicher ist). Bei "Freitag" denkt Osteen offenbar nicht an den Tag, der im Christentum als der Tag der Kreuzigung gilt, sondern an den letzten Tag der Arbeitswoche. Ein schöner Tag halt, voller Vorfreude auf das Wochenende: Mit dieser Zuversicht müssten Gläubige jeden Tag leben, denn Gott verheiße "Leben im Überfluss".
Diese Lehre ist in den USA gar nicht so ungewöhnlich. Oral Roberts, einer der Begründer des so genannten Wohlstandsevangeliums, glaubte, dass Gott Gebete für materielle Güter erfülle. Osteens Mutter Dolores "Dodie" tritt häufig mit ihrem Sohn auf, gleichwie als lebender Beweis, dass Gott heile. Sie sei von Leberkrebs geheilt worden, verkündete sie bei der Predigt-Veranstaltung in Washington. Joel selbst hat kurzfristig in der Oral Roberts Universität in Oklahoma studiert, Fachbereich Kommunikation. Ein Theologiestudium habe er nie gemacht, sagte Osteen in CNN.
Sein Vater John Osteen gründete 1959 die Lakewood Kirche - damals bekannt als "Oase der Liebe in einer unruhigen Welt". Vor dem Tod seines Vaters 1999 hatte Joel nur einmal gepredigt: In Lakewood war er zuständig für die Produktion der Fernsehprogramme. Nach dem Tod von John Osteen habe Joel sich "berufen" gefühlt.
Prediger ohne Theologiestudium
Osteen hält Distanz zu dem von konservativen evangelikalen Kreisen "gepflegten" Kulturkampf. Homosexualität sei eine Sünde, sagt er. Aber bei weitem nicht die einzige. Er wolle Menschen nicht das Leben schwer machen, fügt er hinzu. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney, ein Mormone, sei ein Christ, ebenso Barack Obama, urteilte Osteen. Zahlreiche Evangelikale halten das Mormonentum für einen Kult. Und Präsident Obamas Glauben wird bezweifelt: Hartnäckig halten sich Gerüchte, Obama sei ein Muslim.
Der nach außen konfliktscheue Osteen musste Unstimmigkeiten bei seinem ersten "Ausflug" ins Filmgeschäft meistern. Er ist "Executive Producer" des biblischen Action-Dramas "Mary, Mother of Christ". Die Produktionsfirma Aloe Entertainment erwartet Erfolg, wurden doch Mitwirkende von Mel Gibsons Kino-Hit "Die Passion Christi" (2004) engagiert. Der Film soll 2013 in die Kinos kommen.
Bei dem Film "Mary" ist etwas dumm gelaufen: Einer der Mitinvestoren namens Jorge Vazquez Sanchez sei wegen seiner Kontakte zu mexikanischen Drogenhändlern aufgeflogen und vor Gericht der Geldwäsche schuldig gesprochen worden, berichtete die Zeitung "Houston Chronicle" im Mai. Doch das Projekt geht weiter. "Saubere" Investoren gibt es offenbar genug, wie die Fachzeitschrift "Variety" mitteilte. Auch der ehemalige US-Verteidigungsminister Frank Carlucci sei eingestiegen.