Filmkritik der Woche: "Kochen ist Chefsache"

epd-bild/Nicolas Schul
Der französische Film "Kochen ist Chefsache" mit Jean Reno (links) als Küchenchef Alexandre Lagarde und Michaël Youn als Hobbykoch Jacky Bonnot läuft ab Donnerstag in den Kinos.
Filmkritik der Woche: "Kochen ist Chefsache"
Krise in der Küche: "Leon, der Profi" als Sternekoch: In "Kochen ist Chefsache" spielt der französische Actionstar Jean Reno einen orientierungslosen Küchenchef. Ein neurotischer Hobbykoch liefert ihm neue Rezeptideen, stiftet aber auch jede Menge Chaos.
07.06.2012
epd
Sascha Westphal

Alexandre Lagarde versteht die Welt nicht mehr. Wie einfach war doch alles, als er nur in seiner Küche zu stehen brauchte und sich ganz seinen Kreationen widmen konnte. Doch nun ist der Drei-Sterne-Koch berühmt, hat auf der ganzen Welt Restaurants und natürlich eine eigene Fernsehshow. Für seine Traumkarriere musste Alexandre in der Komödie "Kochen ist Chefsache" einige Opfer bringen: Er hat sich und seinen Namen an einen Lebensmittelkonzern verkauft, der ganz andere Vorstellungen vom Geschäft hat und droht, ihn durch einen jüngeren Koch zu ersetzen. Zu allem Überfluss steckt Alexandre auch noch in einer kreativen Krise. Die Frühlingskarte für sein Pariser Restaurant muss fertig werden, und ihm fällt einfach nichts mehr ein.

Doch dann trifft der orientierungslose Küchenchef, gespielt von Frankreichs Actionstar Jean Reno ("Leon - Der Profi", "Die purpurnen Flüsse"), auf den chaotischen Hobbykoch Jacky Bonnot (Michaël Youn), der sich als Maler durchschlägt. Er ist das komplette Gegenteil des stoischen Alexandre, sorgt für jede Menge Chaos, sprüht aber nur so vor kreativen Rezeptideen.

Gegensätze ziehen sich an. So heißt es, und zumindest in Komödien stimmt das auch. Schließlich lassen sich aus dem Zusammentreffen zweier unterschiedlicher Charaktere zahlreiche komische Funken schlagen. Davon leben unzählige Buddy-Movies, die längst nicht mehr nur im Actiongenre zu finden sind. Mit ein paar kleinen Variationen und leicht abgewandelten Zutaten lässt sich dieses bewährte Rezept problemlos in andere Welten übertragen - etwa in die der Feinschmecker und Sternekochs.

Ein Fels in der Brandung der Moderne

Regisseur und Co-Autor Daniel Cohen spielt in "Kochen ist Chefsache" virtuos mit dem Image von Jean Reno. Auch wenn die Rolle des Gourmets auf den ersten Blick ungewöhnlich für ihn zu sein scheint, so hat Renos Alexandre doch eine gewisse Ähnlichkeit mit all den Polizisten, Gangstern und Killern, die er sonst spielt. Denn deren größtes Kapital ist ihre Unerschütterlichkeit - und auch Alexandre ist als Chefkoch vom alten Schlag mit seiner stoischen Art und seiner natürlichen Autorität ein Fels in der Brandung der Moderne.

Mit dem ständig neurotisch hin und her wirbelnden Michaël Youn hat Cohen Reno den idealen Partner an die Seite gestellt. Gemeinsam versuchen die beiden, Alexandres Restaurant wieder auf Vordermann zu bringen und es davor zu bewahren, in ein Lokal für Molekularküche verwandelt zu werden.

Dass sich Alexandre und Jacky dabei auch andauernd gegenseitig das Leben schwer machen, liegt in der Natur der Sache und ist amüsant anzusehen. Ständig fragt man sich, wann Alexandre endlich die Fassung verliert und wie weit es Jacky mit seiner hysterischen Art noch treiben wird. Aber den letzten Schritt in den Wahnsinn wagt Regisseur Cohen dann doch nicht. Statt einer galligen Farce serviert er seinem Publikum eine liebevolle Charakterkomödie, in der selbst Molekularkreationen noch von der traditionellen französischen Gourmetküche vereinnahmt werden.

Frankreich 2012. R: Daniel Cohen. B: Olivier Dazat, Daniel Cohen. Mit: Jean Reno, Michaël Youn, Raphaelle Agogué, Julien Boisselier. Salomé Stévenin, Serge Larivière, Issa Doumbia, Bun-hay Mean. L: 84 Min. FSK: o. Al., ff.