"Sie werden angeklagt, einen Menschen umgebracht zu haben, ohne ein Mörder zu sein", sagte Staatsanwältin Charlotte Wieneke am Mittwoch beim Verlesen der Anklageschrift. Im Januar hatte der Mann seine Mutter in einem Pflegeheim in Lehre-Wendhausen aufgesucht und getötet.
Die Frau war im Jahr 2004 nach einem Reitunfall schwer hirngeschädigt und bewegungsunfähig. Es habe keine Aussicht auf Verbesserung des Zustandes seiner Mutter bestanden, rechtfertigte der Angeklagte seine Tat: "Sie hätte niemals so leben wollen, da bin ich mir absolut sicher."
Im April 2011 sei ein Antrag auf aktive Sterbehilfe seitens des Heims aus rechtlichen Gründen abgelehnt worden. Der Entschluss zu der Tat sei darauf hin langsam gereift. Er habe sie erlösen wollen. "Noch vor einem Jahr hätte ich mir nicht vorstellen können, dass ich das durchziehe", sagte er.
Wo kein Sterbewunsch, da keine Sterbehilfe
Der Angeklagte hatte Geräte zur Unterstützung der Atmung entfernt und seiner Mutter mehrere Minuten Mund und Nase verschlossen. Die Frau war an Atemlähmung gestorben. "Man muss sich die Mühe machen, meinen Mandanten zu verstehen, ohne seine Tat zu werten", sagte Anwalt Willi Schmitt-Roolfs. Zwar sei ein Problem gelöst: "Aber welchem Menschen kann es schon gutgehen, wenn er sich zu so einer Lösung gezwungen sieht, um seine Mutter zu erlösen?"
Die Besonderheit des Falles liege in der Tatsache, dass es keine aktive Sterbehilfe im klassischen Sinne sei. "Es gab niemanden, der zu irgendeinem Zeitpunkt den Wunsch äußerte zu sterben", sagte der Pressesprecher des Landgerichtes, Richter Alexander Wiemerslage, dem epd. Das mache auch die Urteilsfindung schwierig.
Im Falle einer Verurteilung im Sinn der Anklage drohen dem 26-Jährigen mindestens fünf Jahre Haft. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.