Kardinäle beraten über Nachfolge für entlassenen Vatikanbankchef

Kardinäle beraten über Nachfolge für entlassenen Vatikanbankchef
Nach dem erzwungenen Rücktritt des Präsidenten der Vatikanbank, Ettore Gotti Tedeschi, berät die für das Geldinstitut zuständige Kardinalskommission über das weitere Vorgehen.

Der Verwaltungsrat der Bank hatte dem 67-Jährigen zuvor sein Misstrauen ausgesprochen. Wie der Sender Radio Vatikan am Freitag berichtete, sollte das Kontrollgremium unter Leitung von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone und dem Präsidenten des Verwaltungsrats der neuen vatikanischen Finanzaufsichtsbehörde, Kardinal Attilio Nicora, noch am selben Tag zusammentreten. In der Zwischenzeit übernahm Vizepräsident Ronaldo Hermann Schmitz die Führung der Vatikanbank.

Nachdem der Verwaltungsrat der Bank Gotti Tedeschi am Donnerstag einstimmig sein Misstrauen ausgesprochen hatte, trat dieser umgehend von seinem Amt als Präsident zurück. Der Entscheidung waren Konflikte über den Umgang mit der von Papst Benedikt XVI. geforderten Transparenz in internationalen Geldgeschäften vorausgegangen.

"Liebe für den Papst"

Gotti Tedeschi sah seinen Ruf durch das Vorgehen des Verwaltungsrats der Vatikanbank (IOR) "bösartig in Zweifel gezogen". Aus "Liebe für den Papst" wolle er jedoch darauf verzichten, sich öffentlich zu verteidigen. In einer offiziellen Erklärung der Vatikanbank wurde die Hoffnung geäußert, einen neuen Präsidenten zu ernennen, der dazu beitragen werde, die Beziehungen zwischen dem IOR und der Finanzwelt "auf der Grundlage der Achtung internationaler Bankenstandards" wiederherzustellen.

Vatikanbeobachter interpretierten den Vorgang als Ausdruck des Konflikts zwischen Reformern, die sich für mehr Transparenz in den Geldgeschäften des Vatikans einsetzen, und Gegnern der von Papst Benedikt XVI. vorgegebenen Linie. Diese soll zur Aufnahme der Vatikanbank in die so genannte "white List" der Geldinstitute führen, die Schutzmaßnahmen gegen Geldwäsche anwenden.

Neue Bestimmungen gegen Geldwäsche

Nach dem Ruf Gotti Tedeschis an die Spitze der Vatikanbank 2009 waren Ermittlungen wegen möglicher Beteiligung des Geldinstituts an Geldwäsche aufgenommen worden. Der Vatikan hatte im vergangenen Jahr neue Regeln gegen Geldwäsche eingeführt, sie bereits in diesem Jahr jedoch überarbeitet.

Die Veröffentlichung interner Vatikandokumente hatte in den vergangenen Monaten Spekulationen um Spannungen zwischen Gotti Tedeschi und Bertone neue Nahrung verschafft. Der Bankier hatte sich gegen die vom Kardinalstaatssekretär angestrebte Übernahme der hoch verschuldeten Mailänder San-Raffaele-Klinik durch die Vatikanbank gestellt.