SPD und Patenschaftsnetzwerk: Aufnahmezusagen für Afghanen einhalten

SPD und Patenschaftsnetzwerk: Aufnahmezusagen für Afghanen einhalten
Bevor die neue Regierung ihre Amtsgeschäfte aufnimmt, gibt es keine weiteren Charterflüge für gefährdete Afghanen. Menschenrechtsorganisationen und SPD-Politiker pochen auf eine Einhaltung bereits getroffener Zusagen. Die Union ist anderer Meinung.

Berlin (epd). In der Debatte um die Aufnahme gefährdeter Menschen aus Afghanistan pochen die Integrationsminister der Länder und das Patenschaftsnetzwerk Ortskräfte auf die Einhaltung bestehender Aufnahmezusagen. „Diese Menschen sollten eigentlich sicher sein - das wurde ihnen mehrfach versprochen. Die Aufnahmezusagen rückgängig zu machen, wäre für die Afghaninnen und Afghanen fatal“, sagte die Projektleiterin im Patenschaftsnetzwerk Ortskräfte, Lena Reiner, dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Laut dem Auswärtigen Amt sollen vor dem Amtsantritt der neuen Bundesregierung keine weiteren Flüge für gefährdete Afghaninnen und Afghanen nach Deutschland mehr organisiert werden.

Reiner gab zu bedenken, dass die meisten der Afghaninnen und Afghanen, die in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad auf ihre Ausreise warten, bereits ihr Hab und Gut verkauft haben. Zudem seien sie aufgrund ihrer Grenzüberquerung für die Taliban leicht auffindbar. „Ziel eines Aufnahmeverfahrens muss es sein, Schutz zu gewähren und nicht neue Gefahren zu schaffen“, sagte Reiner.

Auch die Integrationsministerkonferenz der Länder forderte den Bund auf, die Zusagen zur Aufnahme von afghanischen Ortskräften einzuhalten. „Deutschland darf an dieser Stelle nicht wortbrüchig werden“, sagte Niedersachsens Sozialminister Andreas Philippi (SPD) als Vorsitzender der Konferenz am Donnerstag in Göttingen. Sein Parteikollege, der Außenpolitiker Ralf Stegner sagte: „Zusagen sind Zusagen.“ Für Deutschland sei es „kein gangbarer Weg“, bestehende Aufnahmezusagen nicht einzuhalten, sagte der ehemalige Vorsitzende des Untersuchungsausschusses Afghanistan der „Rheinischen Post“ (Donnerstag).

Die künftige Bundesregierung aus Union und SPD hatte angekündigt, freiwillige Aufnahmeprogramme zu beenden. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), hatte am Dienstag zudem angekündigt, dass der neue Bundesinnenminister im Einzelnen prüfen werde, inwieweit solche Aufnahmezusagen für die gefährdeten Afghaninnen und Afghanen auch wieder zurückgenommen werden könnten. Laut Koalitionsvertrag von Union und SPD übernimmt die CSU die Leitung des Bundesinnenministeriums.

Frei erhält Unterstützung aus der eigenen Fraktion. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass vier Jahre nach dem Ende des internationalen Einsatzes in Afghanistan immer noch Personen aus Afghanistan ausgeflogen werden müssen, die angeblich besonders gefährdet sind“, sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt (CDU), dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Verfahren der Aufnahmezusagen aus Afghanistan sei zudem „maximal intransparent“ und schaffe Misstrauen unter den Parlamentariern und der Bevölkerung. Er forderte eine umgehende Einstellung der Flüge.

Seit der erneuten Machtübernahme der Taliban im Jahr 2021 nimmt Deutschland gefährdete Menschen aus Afghanistan auf, die über in Pakistan organisierte Charterflüge einreisen. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes befinden sich derzeit noch 2.600 Afghaninnen und Afghanen in Pakistan, die eine rechtlich verbindliche Aufnahmezusage haben und auf ihre Ausreise warten. 350 von ihnen sind sogenannte Ortskräfte, die für deutsche Institutionen wie die Bundeswehr oder Ministerien gearbeitet haben.