Nürnberg sieht NSU-Dokumentationszentrum als "Riesenchance"

Nürnberg sieht NSU-Dokumentationszentrum als "Riesenchance"
24.04.2025
epd
epd-Gespräch: Julia Riese

Nürnberg (epd). Die Entscheidung für Nürnberg als Standort des zentralen Dokumentationszentrums zur Erinnerung an die NSU-Morde hat in der Stadt für Überraschung gesorgt. „Wir hatten an das Thema eigentlich schon einen Haken gemacht“, sagte die Leiterin des Nürnberger Menschenrechtsbüros, Martina Mittenhuber, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Ursprünglich sei Berlin als Standort favorisiert worden, auch für die Strahlkraft eines solchen Erinnerungsortes. „Das ist für Nürnberg jetzt eine Riesenchance und ich glaube, das haben wir auch verdient, weil wir so viel Vorarbeit geleistet haben.“

Im Anfang April veröffentlichten Koalitionsvertrag der mutmaßlich künftigen Bundesregierung haben Union und SPD Nürnberg als Standort des zentralen NSU-Dokumentationszentrums festgelegt. Dort soll an die zehn Menschen erinnert werden, die der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) zwischen 2000 und 2007 ermordet hatte. Neun der Opfer hatten einen Migrationshintergrund. Erst nach dem Auffliegen der Terrorzelle im Jahr 2011 erkannten die Ermittler die rassistischen und rechtsextremistischen Motive. In Nürnberg erschossen die NSU-Täter drei Menschen, eine vierte Person wurde bei einem Bombenanschlag schwer verletzt.

Eine besondere Verantwortung sieht Mittenhuber gegenüber den Angehörigen der NSU-Opfer. Nachdem bereits die frühere Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP ein Dokumentationszentrum im Koalitionsvertrag vereinbart, aber nicht umgesetzt habe, „wäre es ein Schlag ins Gesicht, wenn es jetzt wieder nicht klappen würde“. Sie erläuterte: „Es sind Existenzen zerstört worden, diese Taten haben so viel seelisches Leid verursacht.“ Daher müsse man auf die Wünsche der Angehörigen eingehen.

Wichtig sei auch, dass die Bundeseinrichtung an die lokalen Strukturen angebunden werde. Ein anderer großer Wunsch sei eine Beteiligung der anderen betroffenen Städte. Die Zentrale könne mit Dauerausstellung und Archiv in Nürnberg sein, aber andere Städte, in denen es NSU-Morde gab, wie etwa Kassel, München oder Hamburg, sollten ebenfalls Personalstellen für die Aufarbeitung und Erinnerung bekommen.

Auch mit der Stadt Chemnitz, wo sich eine zivilgesellschaftliche Initiative für den Aufbau eines eigenen, lokalen Dokumentationszentrums zum NSU-Komplex entschieden hat, arbeite man zusammen. Dass in Sachsen, von wo aus die rechtsextreme Terrorgruppe agiert habe, ein eigener Erinnerungsort entstehe, sei nachvollziehbar. „Aber da wissen wir noch gar nicht, wie es weitergeht und ob es eine Art Zweigstelle des Bundesdokuzentrums wird. Es wäre jedenfalls ein Jammer, wenn es da nicht weitergehen würde“, sagte Mittenhuber.

Als nächster Schritt müsse sich die Stadt Nürnberg für einen passenden Standort für das neue Dokuzentrum entscheiden. „Dafür müssen wir aber wissen, um welche Größenordnung es geht“, gab Mittenhuber zu bedenken.