EKD-Bevollmächtigte: Wehrpflicht nach schwedischem Modell denkbar

EKD-Bevollmächtigte: Wehrpflicht nach schwedischem Modell denkbar

Hamburg (epd). In der Debatte um die Zukunft der Bundeswehr hält die Bevollmächtigte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anne Gidion, die im Koalitionsvertrag festgehaltene vorsichtige Einführung der Wehrpflicht nach schwedischem Modell für denkbar. „Zusammen mit dem Ausbau der Freiwilligendienste und des Zivil- und Katastrophenschutzes könnte das ein Weg sein“, sagte Gidion dem Hamburger Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ (Samstag, Online): „Klar ist aber auch, dass Wehrdienstverweigerung ein Menschenrecht ist.“

In Schweden werden Fragebögen zu Eignung und Motivation an alle 18-Jährigen verschickt. „Junge Männer müssen sie ausfüllen, junge Frauen können es tun“, so Gidion weiter. In den Kirchen würden sich die Debatten genauso abbilden wie im Rest der Gesellschaft. Es gebe Zuspruch, viele hätten auch berechtigte Sorgen, vor allem um ihre Kinder. Gidion: „'Was passiert, wenn jetzt die Wehrpflicht kommt?', fragen sie. Wir können aus Erzählungen nur erahnen, was unsere Großeltern im Krieg erlitten haben.“

„Zum gerechten Frieden gehört auch der Schutz vor Gewalt. Die Bevölkerung und die freiheitliche Demokratie müssen geschützt werden. Und Verteidigung ist eine Art des Schutzes“, fügte Gidion hinzu: „Die militärische Abschreckung hat uns für Jahrzehnte eine untypisch lange Zeit des Friedens gebracht.“ Jetzt gebe es Krieg in Europa und bedrückenden Anlass zur Sorge auch in Deutschland, obwohl ihre Generation gehofft und geglaubt habe, dass eine Aufrüstung nicht mehr notwendig wäre.

Der katholische Militärbischof und Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck (Essen) erklärte: „Wir stecken in einer paradoxen Situation, aus der wir nicht herauskommen. Als Christen wollen wir alles dafür tun, Frieden zu stiften und eine Eskalation nach Möglichkeit abzuwenden. Wenn dies aber nicht mehr möglich ist und es eine reale Kampfsituation gibt, müssen wir die Würde und die Schutzbedürftigkeit der Menschen wahren.“

Dabei dürfe man nicht unter das vom Christentum vorgegebene ethische Niveau fallen, so Overbeck: „Das Recht des Stärkeren darf nicht über die Stärke des Rechts triumphieren. Im Verteidigungsfall ist darum Gewaltanwendung erlaubt.“ Zur Debatte um die Wehrpflicht sagte Overbeck: „Natürlich muss es auch ein Recht auf Verweigerung geben. Und langfristig sollten Männer und Frauen bei der Einberufung gleichgestellt sein, alles andere ist nicht mehr zeitgemäß.“