Frankfurt a.M. (epd). Trotz der Ausrufung einer Gegenregierung durch die RSF-Miliz im Sudan rechnet die Konfliktforscherin Hager Ali nicht mit einer Teilung des Landes. Eine Abspaltung der von den RSF („Rapid Support Forces“) kontrollierten Gebiete würde voraussetzen, „dass sie in der Lage sind, sich auch politisch zu organisieren und einen Staat aufzubauen“, sagte die Sudan-Expertin vom Giga-Institut für Global- und Regionalstudien dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Doch wie wir in den vergangenen zwei Jahren gesehen haben, können sie das nicht - dafür fehlt ihnen die Erfahrung.“
Im Sudan herrscht seit zwei Jahren ein Krieg zwischen der Armee und der RSF-Miliz. Am Dienstag hatte der Anführer der RSF, Mohamed Hamdan Dagalo, genannt „Hemeti“, laut Medienberichten die Gründung einer eigenen Regierung verkündet und damit Sorgen vor einer Teilung des nordostafrikanischen Landes genährt.
Die Politikwissenschaftlerin Ali, die an dem in Hamburg ansässigen Giga-Institut unter anderem zum Sudan forscht, sieht in der Ankündigung des RSF-Anführers jedoch einen rein symbolischen Schritt. Die Miliz wolle sich damit weiter als Verhandlungspartner im Gespräch halten. „Die Botschaft an die Außenwelt ist: Ihr könnt uns vertrauen als zukünftige Regierungspartner“, sagte Ali. Es sei auch nicht die erste Ankündigung dieser Art - „und es heißt nicht, dass es jetzt eine Abspaltung gibt“.
Zugleich machte Ali die RSF für Gräueltaten und Menschenrechtsverletzungen in Gebieten verantwortlich, die unter ihrer Kontrolle stehen. In der westlichen Darfur-Region etwa gebe es „genozidale Kampagnen“ gegen die Zivilbevölkerung, „oft auch in Kombination mit extremer sexualisierter Gewalt an Frauen und Mädchen“. In dem landwirtschaftlich bedeutsamen Bundesstaat Wad Madani hätten Kämpfer der Miliz Bauern getötet und Felder abgebrannt. Damit sollte die Bevölkerung in ein „totales Abhängigkeitsverhältnis“ zur Miliz gebracht werden, sagte Ali.
Der Krieg im Sudan begann im April 2023 mit Kämpfen in der Hauptstadt Khartum, die sich schnell auf weitere Regionen ausweiteten. Auslöser war ein Streit um die Aufteilung der Macht zwischen der Armee und der RSF-Miliz. Der Konflikt hat eine der gravierendsten humanitären Katastrophen der jüngeren Vergangenheit ausgelöst. Rund 30 Millionen Menschen sind laut den Vereinten Nationen auf Hilfe angewiesen, mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Allen Konfliktparteien werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.