Bundeswehr will Posttraumatische Belastungsstörungen früher erkennen

Bundeswehr will Posttraumatische Belastungsstörungen früher erkennen
Bei rund 300 Soldaten wird jährlich eine Posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. Doch nicht nur die Betroffenen, sondern auch deren Familien leiden darunter. Die Bundeswehr will Angehörigen jetzt helfen, Symptome frühzeitig zu erkennen.

Berlin (epd). Die Bundeswehr hat eine Kampagne zur Früherkennung von Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) bei Soldatinnen und Soldaten gestartet. Mithilfe eines neu entwickelten Online-Fragebogens sollen Angehörige von betroffenen Soldaten erste Hinweise auf eine psychische Erkrankung erkennen können, teilte der Sanitätsdienst der Bundeswehr am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung der Informationskampagne mit. Eine Posttraumatische Belastungsstörung ist eine seelische Erkrankung, die als Folge eines belastenden Ereignisses auftreten kann, etwa nach einem Auslandseinsatz.

Der Oberstarzt Peter Zimmermann sagte, der Online-Test sei ein „niedrigschwelliger, erster Schritt“ für Angehörige, um Signale einer PTBS zu erkennen. Die zwölf Fragen seien schnell zu beantworten. Mittels eines Punktesystems werde im Anschluss eine Einschätzung gegeben.

Federführend entwickelt hat den Fragebogen der Psychologe am Psychotraumazentrum des Bundeswehrkrankenhauses Berlin, Ulrich Wesemann. Verunsicherte Angehörige sollen dadurch erkennen können, ob Veränderungen bei Betroffenen noch im normalen Rahmen oder schon problematisch sind, sagte Wesemann. Am Ende müsse jede betroffene Person aber immer noch für sich selbst entscheiden.

Bisher gab es demnach nur einen Eigentest für Soldatinnen und Soldaten. Künftig solle es auch für Kameradinnen und Kameraden einen Fragebogen geben.

Zum Start des Online-Tests hat die Bundeswehr Videos mit betroffenen Soldaten und deren Familien gedreht. Generaloberstabsarzt Ralf Hoffmann ist eines der Gesichter der Kampagne und Befehlshaber des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr. „Ich habe erlebt, was es heißt, wenn man zurückkommt und einen Knacks weg hat“, berichtete er. Das sei 2010 gewesen, nach seinem sechsten Einsatz.

Wenn es diesen Fragebogen damals schon gegeben hätte, wäre das für seine Familie sehr hilfreich gewesen, sagte Hoffmann: „Das Thema war gar nicht präsent damals.“ Seine Frau musste ihm deutlich machen, dass er sich verändert habe und seine Familie darunter leide. Ohne ihre Unterstützung hätte er länger gebraucht, um sich Hilfe zu holen.

Ein Jahr lang war er dann in Therapie, heute sei er geheilt. Seitdem habe sich im Umgang mit PTBS viel getan. Dennoch sei es noch ein langer Weg. Er hoffe, dass die Kampagne dazu beitrage, noch vorhandene Stigmatisierung abzubauen, sagte Hoffmann.

2023 gab es den Angaben zufolge 322 einsatzbedingte psychische Neuerkrankungen bei Bundeswehrangehörigen, etwa fünf Prozent mehr als im Jahr 2022 mit 305. Die Anzahl der PTBS-Fälle lag in beiden Jahren bei 197 und war damit die am häufigsten diagnostizierte psychische Erkrankung.

Von den 2023 diagnostizierten PTBS-Fällen seien mit 131 die meisten nach Afghanistan-Einsätzen aufgetreten. Die Statistik bezieht sich dabei auf das Jahr der Diagnosestellung. Das traumatische Erlebnis kann sich bereits früher ereignet haben.

Insgesamt geht die Bundeswehr davon aus, dass etwa drei Prozent der Soldatinnen und Soldaten eine PTBS im Einsatz erleiden, jedoch nur etwa die Hälfte davon diagnostiziert wird. Die Bundeswehr erfasst seit 2011 einsatzbedingte psychische Erkrankungen bei ihren Streitkräften.