Leipzig (epd). Das Bundesverwaltungsgericht hat am Mittwoch in öffentlicher Sitzung über den BDS-Beschluss des Bundestags von Mai 2019 verhandelt. Der Sechste Senat unter Vorsitz von Richter Ingo Kraft befasste sich mit einer Revision gegen ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (OVG) vom Juni 2023. BDS ist eine englischsprachige Abkürzung und steht für „Boycott, Divestment and Sanctions“.
Kraft unterstrich in der mündlichen Verhandlung unter anderem die vorläufige Rechtsauffassung des Gerichts, wonach Klagen gegen Parlamentsbeschlüsse „generell verfassungsrechtliche Streitigkeiten“ seien. Damit bestätigte er die Auffassung des OVG. Die Vorinstanz hatte entschieden, dass die Klage als verfassungsrechtliche Streitigkeit anzusehen sei, die nicht in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte falle.
Dieser Auffassung schlossen sich die fünf Bundesrichter nun in der mündlichen Verhandlung an. „Wenn Parlamentsbeschluss, dann immer Karlsruhe“, führte Kraft aus: „Dann bekommst du in Karlsruhe geprüft, was geprüft werden kann.“ Die Richter sähen da „kein Defizit“.
Sollte das Urteil entsprechend ausfallen, würde dies bedeuten, dass die Unterstützer der BDS-Bewegung nach langjährigem Rechtsstreit durch drei Instanzen der Verwaltungsgerichte nur noch beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe klagen können. Kraft deutete in der Verhandlung an, dass der Respekt vor dem Bundestag als Verfassungsorgan es wohl gebiete, „dass Klagen gegen den Bundestag als Verfassungsstreitigkeiten anzusehen sind“.
Allenfalls Entscheidungen etwa zur Höhe der sogenannten Diäten von Abgeordneten könnten davon ausgenommen werden. Kraft wies darauf hin, dass es bisher keine endgültige gerichtliche Entscheidung über den Rechtsweg bei Klagen gegen Parlamentsbeschlüsse gebe. Es existiere eine „Rechtswegunsicherheit“. In erster Instanz hatte Verwaltungsgericht Berlin im Oktober 2021 noch entschieden, dass die Verwaltungsgerichte für diese Klage zwar zuständig seien, die Klage jedoch als zum Teil unzulässig und im Übrigen nicht begründet abzuweisen sei.
Der Bundestag hatte vor knapp sechs Jahren beschlossen, dass Räume und Einrichtungen, die der Bundestagsverwaltung unterstehen, keinen Organisationen, die sich antisemitisch äußerten oder das Existenzrecht Israels infrage stellten, zur Verfügung gestellt werden. Außerdem werde er keine Organisationen oder Projekte finanziell fördern, die das Existenzrecht Israels infrage stellten, zum Boykott Israels aufriefen oder die BDS-Bewegung aktiv unterstützten. Länder, Städte und Gemeinden sowie alle öffentlichen Akteure würden dazu aufgerufen, sich dieser Haltung anzuschließen.
Die Richter des Bundesverwaltungsgerichts wollten noch am Mittwoch eine Entscheidung verkünden.