Frankfurt a.M. (epd). Bei Besuchen auf Erntefeldern hat die Initiative Faire Landarbeit im vergangenen Jahr zahlreiche Defizite beim Umgang mit Saisonarbeitern festgestellt. In einigen Fällen zahlten die Feldarbeiter bis zu 800 Euro Miete für ein Bett in einem Mehrbettzimmer - eine „Wuchermiete“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der IG Bauen-Agrar-Umwelt, Harald Schaum, am Dienstag.
Es seien Fälle bekannt, in denen Saisonarbeiter bis zu 50 Prozent des Lohns an den Arbeitgeber zurückzahlten. Viele Beschäftigte lebten in Containern; oft reichten die sanitären Anlagen nicht aus. Die Initiative Faire Landarbeit fordere daher eine kostenlose Unterbringung der Saisonarbeiter. Bei bundesweit 40 Feldbesuchen hatte die Initiative nach eigenen Angaben etwa 3.100 Saisonarbeitskräfte befragt.
Bei den Besuchen hätten sie in den vergangenen zwei Jahren in vier Betrieben von Vorfällen sexualisierter Gewalt erfahren, erklärte die Autorin des Jahresberichts zur Saisonarbeit, Kateryna Danilova, bei einer Online-Pressekonferenz. Meist sei es dabei um die Ausnutzung einer Machtposition gegangen. Viele haben nach Gewerkschaftsangaben Angst, in Gerichtsverfahren verwickelt zu werden.
Laut Jahresbericht arbeiteten 2023 etwa 240.000 Arbeitskräfte aus dem Ausland auf deutschen Feldern und ernteten beispielsweise Spargel, Äpfel oder Weintrauben. Die Menschen kommen demnach aus Rumänien, Polen und Bulgarien, aber auch aus der Ukraine, Usbekistan oder Indien. Es gebe „fragwürdige Vermittlungspraktiken“, bei denen die Menschen hohe Gebühren dafür zahlen müssten, „dass sie überhaupt zu uns kommen können“, sagte DGB-Bundesvorstandsmitglied Anja Piel.
Manche kehrten sogar verschuldet in ihr Heimatland zurück. Es komme auch zu falschen Versprechungen, etwa, dass es ein „Work and Travel“-Aufenthalt sei. Nicht alle geleisteten Arbeitsstunden würden aufgeschrieben und gezahlt, hieß es. Es gebe Fälle massiver Rechtsverletzungen. Eine Gruppe mongolischer Studierender sei beispielsweise direkt nach der Ankunft aufs Feld gebracht worden. Bei witterungsbedingten Arbeitsausfällen hätten Beschäftigte keinen Lohn mehr erhalten, aber weiter Miete gezahlt.
Die Initiative Faire Landarbeit ist ein Bündnis gewerkschaftsnaher Beratungsstellen, der Gewerkschaft IG BAU, kirchlicher Beratungsstellen sowie weiterer Organisationen.