EKHN-Pfarrer: "Der Glaube ist gratis"

Vorstellungsgottesdienst der Konfirmanden
epd-bild/Bertold Fernkorn
Vorstellungsgottesdienst statt Testsituation: Viele Gemeinden haben mittlerweile die Konfirmationsprüfung abgeschafft.
Prüfung zur Konfirmation?
EKHN-Pfarrer: "Der Glaube ist gratis"
Sebastian Hesselmann ist Pfarrer im Dekanat Vorderer Odenwald (EKHN) und das schon seit knapp 30 Jahren. In dieser Zeit hat er Hunderte junge Menschen konfirmiert. Von einer Prüfung am Ende der Konfirmationszeit hält er nichts. Sein Credo lautet: Der Glaube ist gratis.

Sebastian Hesselmann kann sich noch gut an seine eigene Konfirmandenzeit erinnern. Auch wenn diese schon einige Jahrzehnte zurückliegt. "Die Prüfung fand eine Woche vor der Konfirmation im Gottesdienst vor der gesamten Gemeinde statt. Damals musste der Kirchenvorstand noch das OK geben, oder man ist durchgefallen", erzählt der 59-Jährige, der aus Bielefeld stammt. Der gesamte Konfirmationsunterricht sei auf diesen Moment ausgelegt worden, beruhte auf Auswendiglernen. Als Hesselmann dann einige Jahre später selbst Pfarrer wurde, wusste er: Das kommt mir nicht in die Tüte. Und überzeugte den Kirchenvorstand seiner Gemeinde, die Konfirmationsprüfung abzuschaffen.

Während früher eine Prüfung das offizielle Ende des Konfi-Unterrichts markierte, verzichten die meisten Gemeinden heute auf diesen Schritt. In der EKHN-Lebensordnung ist beispielsweise festgeschrieben, dass Gemeinden stattdessen einen Vorstellungsgottesdienst feiern, in dem die Konfirmandinnen und Konfirmanden präsentieren, was sie gelernt haben.

Eine Prüfung sei in Hesselmanns Augen "theologisch absurd". Er erläutert: "Die Konfirmation ist ein Segen - ähnlich, wie wir ihn bei der Trauung oder bei Sterbenden geben. Und dort gibt es ja auch keine Prüfung. Segen gibt es gratis." Glaube habe wenig mit Wissen zu tun und die Idee, ihn zu prüfen, sei illusorisch, meint der Theologe. Stattdessen betont er: Die Konfirmandenzeit ist so viel mehr als Auswendiglernen. "Es ist eine Zeit, in der wir gemeinsam Glaubensschätze heben. Für mich ist sie da, um die Gemeinschaft zu stärken und junge Menschen in einer prägenden Phase ihres Lebens zu begleiten." 

Hesselmann betont oft das Element der Gemeinschaft. "Es geht darum, sich gegenseitig zu tragen." Das galt auch für einen Jungen, der trotz geistiger Behinderung am Konfirmationsunterricht teilnahm. "Es war für ihn ein Erfolgserlebnis, eineinhalb Jahre lang in der Gruppe dabei zu sein. Und andersherum war es eine starke Leistung der Gruppe, ihn zu integrieren."

Es ist ein Ansatz, der individuelle Bedürfnisse der Jugendlichen in den Blick nimmt. So berichtet Hesselmann von einem Jungen, der während der Konfirmandenzeit aus familiären Gründen ein Jahr in ein Pflegeheim in Norddeutschland ziehen musste. "Natürlich habe ich ihn konfirmiert! Ich habe ihm außerdem Briefe und Päckchen geschickt, um ihm zu zeigen, dass er immer noch Teil unserer Gemeinschaft ist", erzählt Hesselmann. 

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Auswahlmöglichkeiten

Als eine Bestätigung seines Kurses nennt Hesselmann ein Beispiel aus seinem Seniorenkreis. "Mit dem haben wir einen Ausflug ins Schulmuseum unternommen und dort eine Konfiprüfung aus alten Zeiten nachgestellt. So, wie sie die Herrschaften früher selbst abgelegt hatten." Das Ergebnis: Bis auf das Vater Unser und das Glaubensbekenntnis ist bei den Senior:innen auch nichts hängengeblieben.

Wer jedoch denkt, dass Hesselmanns Konfirmand:innen nichts lernen, liegt falsch. In seinen Unterricht integriert er viele praktische Lerninhalte. Ein Muss ist zum Beispiel der Erste-Hilfe-Kurs. "Vor vielen Jahren ist ein Jugendlicher auf Konfifreizeit schwer verunglückt und konnte seinen Arm nur behalten, weil ein anderer Konfirmand Ersthelfer war und sofort wusste, was er tun musste."

Seitdem ist der Erste-Hilfe-Kurs Teil von Hesselmanns Curriculum, den er mit der Geschichte des barmherzigen Samariters unter dem Thema "Anderen helfen" verknüpft. Neun Stunden lernen die Jugendlichen mit der Johanniter Unfallhilfe, wie im Ernstfall zu handeln ist. Und Hesselmann nennt einen weiteren Bonus: "Den Kurs können sie gleich für den Führerschein benutzen."