Frankfurt a.M. (epd). Der zuletzt beunruhigende Anstieg von Tuberkulose-Fällen dürfte nach Einschätzung der Gesundheitsexpertin Brit Häcker durch die Kriege und Konflikte in vielen Regionen der Welt weiter angetrieben werden. Schon nach den jüngsten Daten seien 10,8 Millionen Neuerkrankte und 1,25 Millionen Tote für das Jahr 2023 gemeldet worden, sagte die ärztliche Mitarbeiterin beim Deutschen Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Ein Zusammenbruch von Gesundheitssystemen und katastrophale Bedingungen für die Bevölkerung inmitten von Kämpfen und Flucht ließen eine weitere Ausbreitung der Tuberkulose erwarten.
„Man braucht gute Diagnostik und gute Therapie, um die Krankheit zu erkennen und zu behandeln“, erklärte die Lungenfachärztin. „Das heißt, man braucht eine stabile Gesundheitsversorgung, aber Konflikte zerstören dieses Gefüge.“ Zudem übertrage sich der Tuberkulose-Erreger unter beengten und schlechten hygienischen Bedingungen leichter. „Und Menschen in einem schlechten Gesundheitszustand, wie oft in Konfliktregionen oder auf der Flucht, sind noch einmal anfälliger.“
Der Zusammenhang zwischen Krieg und Tuberkulose sei am besten für die beiden Weltkriege dokumentiert. Doch auch in der Ukraine, die vor dem russischen Angriffskrieg ein sehr effektives Tuberkulose-Programm gehabt habe, sei schon ein Anstieg der Fälle zu beobachten.
Die Auswirkungen zeigten sich allerdings mit Verzögerung, erklärte die Expertin. Die zuletzt zunehmenden weltweiten Zahlen würden auf die Corona-Einschnitte zurückgeführt, die vor fünf Jahren begannen: Im Kampf gegen die Pandemie seien andere Gesundheitsprobleme in den Hintergrund gerückt, sagte Häcker. „Dabei ist auch Tuberkulose vernachlässigt worden und man sieht jetzt sozusagen einen Anstieg der Fallzahlen.“ Erkrankungen seien nicht oder zu spät gefunden, Behandlungen unterbrochen worden.
Doch eine wirksame Therapie braucht Zeit: Zur Behandlung der Tuberkulose muss eine Kombination aus Antibiotika zuverlässig für mindestens sechs Monate eingenommen werden, manchmal auch länger. Geschätzt ein Viertel der Weltbevölkerung trägt den Erreger in sich, bei etwa fünf Prozent der Menschen bricht die Krankheit aus. Meist sei dies ein bis zwei Jahre nach der Ansteckung, manchmal aber auch später, erklärte Häcker - „insbesondere wenn es eine Schwächung des Immunsystems gibt, die durch Versorgungsdefizite oder extremen Stress, wie sie in kriegerischen Auseinandersetzungen auftreten, verstärkt wird.“