Regierungschef würdigt vor 70 Jahren unterzeichneten Loccumer Vertrag

Regierungschef würdigt vor 70 Jahren unterzeichneten Loccumer Vertrag
14.03.2025
epd
epd-Gespräch: Michael Grau

Hannover (epd). Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat den vor 70 Jahren geschlossenen Loccumer Vertrag zwischen dem Land Niedersachsen und den dortigen fünf evangelischen Landeskirchen gewürdigt. „Ich betrachte die Kirchen als einen echten Stützpfeiler unserer Demokratie“, sagte Weil im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sie leisteten einen entscheidenden Beitrag für Toleranz, Mitmenschlichkeit und sozialen Zusammenhalt. Deshalb werde das Land die Kirchen weiterhin in den politischen und gesellschaftlichen Dialog um Zukunftsfragen einbeziehen, unabhängig von sinkenden Mitgliederzahlen.

Der Loccumer Vertrag ist der erste Staatskirchenvertrag in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Er wurde vor 70 Jahren, am 19. März 1955, im Kloster Loccum bei Nienburg unterzeichnet. In dem Vertrag verpflichten sich das Land und die Kirchen zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit auf der Grundlage der verfassungsmäßigen Trennung von Staat und Kirche. „Das gelingt uns jetzt schon viele Jahrzehnte lang sehr gut“, sagte Weil. In Niedersachsen leben heute rund vier Millionen evangelische Christen, etwa die Hälfte der Gesamtbevölkerung.

Mit dem Loccumer Vertrag sei die gemeinsame Verantwortung für die Gesellschaft in ein Regelwerk gegossen worden, sagte Weil: „Dies war so gut gemacht, dass der Vertrag zum Vorbild für zahlreiche nachfolgende Staatskirchenverträge wurde.“ Wichtige Beiträge für das gesellschaftliche Leben leisteten die Kirchen insbesondere in der Bildung, in der sozialen Arbeit und auf dem Gesundheitssektor: „In manchen dieser Bereiche erreichen die Kirchen die Menschen oft besser als staatliche Institutionen.“

Anerkennende Worte fand Weil auch zum umstrittenen Thema Kirchenasyl: „Wir brauchen Stimmen wie die der Kirchen, um uns von ihnen kritisch begleiten oder anstoßen zu lassen, damit schützenswerte Einzelinteressen, die möglicherweise sonst vernachlässigt würden, Gehör finden“, sagte er. Beim Kirchenasyl gewähren Kirchengemeinden Asylbewerbern, denen eine Abschiebung droht, in ihren Räumen vorübergehend Asyl, wenn sie den Fall als besonderen Härtefall einschätzen.

Erneut sprach sich Weil gegen eine Ablösung der sogenannten Staatsleistungen an die Kirchen aus, die Jahr für Jahr von vielen Bundesländern an die Kirchen als Kompensation für frühere Enteignungen aus napoleonischer Zeit gezahlt werden. Um sie abzulösen, wäre ein hoher Einmalbetrag nötig, der bundesweit in die Milliarden ginge. „Ich halte Ablösezahlungen an die Kirchen in einer solchen Größenordnung aufgrund der derzeitigen Haushaltslage in den Ländern für schlichtweg nicht darstellbar“, sagte Weil. Er fügte hinzu: „Ich glaube, dass die Staatsleistungen bei den Kirchen gut aufgehoben sind.“