Berlin (epd). Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hält es für verfassungsgemäß, eine Änderung der Schuldenregeln im Grundgesetz vom noch amtierenden Bundestag beschließen zu lassen. „Juristisch habe ich überhaupt keine Bedenken, wenn eine Reform der Schuldenbremse mit den alten Mehrheiten beschlossen wird“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag). Papier verwies auf Artikel 39 des Grundgesetzes, wonach die Wahlperiode mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages endet. „Der jetzt amtierende Bundestag ist also noch in vollem Umfang demokratisch legitimiert“, betonte er.
Der Verfassungsjurist attestierte der Union einen „eklatanten Sinneswandel“ beim Thema Schuldenbremse. Der lasse sich aber rechtfertigen, weil sich die verteidigungspolitische Situation „gerade in den letzten Tagen nochmals dramatisch verändert“ habe, sagte Papier mit Blick auf die Politik von US-Präsident Donald Trump und die Einstellung der Militärhilfen für die Ukraine.
Eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben ist nach Ansicht Papiers auch verfassungsrechtlich dringend geboten. „Das Grundgesetz verlangt eine wirksame Landesverteidigung. Dagegen verstößt die Politik seit Jahren massiv“, kritisierte er.
Beim verabredeten Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Infrastrukturausgaben werde „die politische Rechtfertigung besonders schwierig“, räumte er ein. Dem riesigen Nachholbedarf in diesem Bereich hätte der Staat deutlich früher begegnen müssen. „Wir haben es seit Jahren mit einem enormen Staatsversagen zu tun.“ Das räche sich jetzt. „Deshalb sollen wir diese atemberaubenden Ermächtigungen zum Schuldenmachen ins Grundgesetz nehmen“, sagte Papier und warnte zugleich vor den damit einhergehenden „enormen Belastungen für mehrere Generationen“: „Sondervermögen verleiten zu uferlosen Ausgaben und zu einer Aufblähung des Staatsapparats.“