Hannover (epd). Hilfsorganisationen für Geflüchtete haben einen Stopp von Abschiebungen in den Irak gefordert. Das arabische Land sei auch zehn Jahre nach dem Völkermord an den Jesiden ein Land mit Gefährdungen durch Armut und Arbeitslosigkeit, aber auch durch Terroranschläge und Gewalt, erklärten die bundesweite Online-Beratungsstelle @pena.ger und das Netzwerk gegen Abschiebung Hannover am Samstag. Vor allem im Nordirak seien viele Menschen bedroht.
Die Kritik richtete sich insbesondere gegen eine Sammelabschiebung, die Mitte Februar vom Flughafen Hannover-Langenhagen aus stattfand. Dabei waren 47 ausreisepflichtige Menschen aus zehn Bundesländern mit einem Charterflug in den Irak gebracht worden, darunter 16 aus Niedersachsen. Nach Angaben des niedersächsischen Innenministeriums waren unter den Abgeschobenen sieben Straftäter.
Die Hilfsorganisationen kritisierten die Abschiebung als „reines Wahlkampfmanöver auf Kosten der Menschen“. Unter den Abgeschobenen seien auch Jesiden gewesen, die während des Völkermords durch die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) Familienmitglieder verloren und sich in Deutschland ein neues Leben aufgebaut hätten. Sie müssten zurückgeholt werden. Die Abschiebungen seien so kurzfristig erfolgt, dass eine rechtliche Intervention nicht mehr möglich gewesen sei.
Die nächste Sammelabschiebung in den Irak sei bereits für den 4. März geplant, erklärten die Initiativen. Das Netzwerk gegen Abschiebung werde dann am Flughafen Hannover erneut gegen die Aktion protestieren. Trotz der militärischen Niederlage der Terrormiliz IS bleibe der Irak für Jesidinnen und Jesiden unsicher. Korruption und Islamismus prägten dort das politische System.
Das niedersächsische Innenministerium hatte sich am Freitag in Hannover nicht zu der Frage geäußert, ob eine weitere Sammelabschiebung in den Irak bevorstehe. Entsprechende Pläne seien nicht bekannt. Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg war am Samstag telefonisch zunächst niemand erreichbar.