Ostsee: 3.000 Kilo giftige Chemikalien durch Altmunition

Ostsee: 3.000 Kilo giftige Chemikalien durch Altmunition

Kiel (epd). Aus Altmunition in der Ostsee sind bereits rund 3.000 Kilogramm giftige Chemikalien freigesetzt worden. Das zeigt eine neue Studie des Geomar Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel. In Wasserproben aus den Jahren 2017 und 2018 in der südwestlichen Ostsee wurden in fast allen Fällen Munitionschemikalien nachgewiesen, insbesondere in der Kieler und Lübecker Bucht, wie das Institut am Mittwoch mitteilte. Noch lägen die Werte unterhalb der Schwelle für ein Gesundheitsrisiko, in einigen Fällen näherten sie sich jedoch kritischen Konzentrationen. Um langfristige Risiken zu minimieren, müsse die Munition geborgen werden. Die Studie ist im Fachmagazin „Chemosphere“ erschienen.

In der deutschen Ostsee lägen Schätzungen zufolge rund 300.000 Tonnen Altmunition, informierte das Geomar. Der Großteil stamme aus gezielten Versenkungen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Gebiete seien bekannt, die Munition liege überwiegend sichtbar auf dem Meeresboden und könne mit Tauchrobotern dokumentiert werden. Mit fortschreitender Korrosion der Metallhüllen nehme die chemische Umweltbelastung zu. Steigende Temperaturen und zunehmende Stürme durch die Klimakrise würden den Zerfall der Munition zusätzlich beschleunigen, hieß es.

Laut Studie enthält die Altmunition giftige Substanzen wie TNT, Quecksilber oder Blei, die ins Meerwasser freigesetzt werden, wenn die Metallhüllen durchrosten. Erstautor Aaron Beck, Geochemiker am Geomar, warnte: „Diese Stoffe können die marine Umwelt und die Gesundheit von Lebewesen gefährden, da sie toxisch und krebserregend sind.“ Die Forschenden empfehlen, die versenkten Altlasten gezielt zu sanieren. Altmunition lasse sich „physisch aus der Umwelt entfernen“. Die Munitionsräumungen in Deutschland könnten als Modell für die Beseitigung solcher Abfälle auf der ganzen Welt dienen.

Der Bund hat ein Pilotprogramm zur Bergung und umweltgerechten Entsorgung von Munitionsaltlasten ins Leben gerufen. Mit einem Budget von 100 Millionen Euro wurden im Herbst 2024 erstmals gezielt Munitionsreste aus der Lübecker Bucht geborgen. In einem zweiten Schritt soll eine autonome Bergungsplattform entwickelt werden, die die Altmunition vor Ort birgt und unschädlich macht.