Bundesverfassungsgericht klärt tarifliche Nachtarbeitszuschläge

Bundesverfassungsgericht klärt tarifliche Nachtarbeitszuschläge

Karlsruhe (epd). Tarifparteien können für Schichtarbeiter im Nachtdienst geringere Zuschläge vorsehen als für andere Spätbeschäftigte, die nicht in Schichten arbeiten. Auch wenn das eine Ungleichbehandlung darstellt, ist solch eine tarifliche Regelung von der im Grundgesetz geschützten Koalitionsfreiheit gedeckt und gehört zum Gestaltungsspielraum der Tarifparteien, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss. (AZ: 1 BvR 1109/21 und 1 BvR 1422/23) Die Karlsruher Richter hoben zwei Urteile des Bundesarbeitsgerichts (BAG) auf und verwiesen die Verfahren an die obersten Arbeitsrichter zurück.

Konkret ging es um unterschiedliche tarifliche Nachtarbeitszuschläge für Beschäftigte in Brauereien in Norddeutschland und für Arbeitnehmer der Lebensmittelindustrie in Nordrhein-Westfalen. Die Manteltarifverträge sahen für Schichtarbeiter, die regelmäßig nachts eingesetzt werden, einen Zuschlag von 25 Prozent vor. Zudem gab es Schichtfreizeiten und bezahlte Pausen. Nicht in Schichtarbeit tätige Beschäftigte erhielten laut Tarifvertrag dagegen einen 50-prozentigen Zuschlag. Die klagenden, in Wechselschicht eingesetzten Arbeitnehmer sahen in ihrem geringeren Zuschlag eine Ungleichbehandlung.

Das Bundesarbeitsgericht gab ihnen recht. Es sei nicht ersichtlich, warum Nachtschichtarbeiter weniger erhalten als Nachtarbeitnehmer. Die Kläger könnten eine „Anpassung nach oben“, also Nachtarbeitszuschläge in Höhe von 50 Prozent sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft verlangen.

Das Bundesverfassungsgericht hob die BAG-Urteile jetzt jedoch auf und verwies die Verfahren zurück. Die Verfassungsbeschwerden der beiden betroffenen Arbeitgeberinnen seien begründet, ihre im Grundgesetz geschützte Koalitionsfreiheit wurde verletzt. Die unterschiedlichen Zuschläge für Nachtarbeit seien vom Gestaltungsspielraum der Tarifparteien gedeckt. Zwischen Nachtarbeit und regelmäßiger Nachtschichtarbeit bestünden unterschiedliche soziale Belastungen. Die planbare Nachtschichtarbeit stelle einen sachlichen Grund für niedrigere Nachtarbeitszuschläge dar, befand das Gericht.

Zu Unrecht habe das BAG auch eine Anpassung der Zuschläge für Nachtschichtarbeit „nach oben“ bestimmt. Das, so Karlsruhe, gehe nicht auf einen „Willen der Tarifvertragsparteien“ zurück. Würde eine Gleichheitswidrigkeit unterstellt, hätte das BAG zunächst den Tarifvertragsparteien Gelegenheit zu erneuten Verhandlungen und zur Korrektur der beanstandeten Regelung geben müssen, hieß es zur Begründung.