Lehramtsstudentin und Aktivistin nicht zum Referendariat zugelassen

Lehramtsstudentin und Aktivistin nicht zum Referendariat zugelassen
Anwältin will Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht einreichen
Die Klimaaktivistin Lisa Poettinger aus München möchte Lehrerin werden - und ist zugleich bei einer Vereinigung aktiv, die die Staatsregierung als linksextremistisch einstuft. Nun hat das Kultusministerium sie nicht zum Referendariat zugelassen.

München (epd). Die Münchner Lehramtsstudentin und Klimaaktivistin Lisa Poettinger wird in Bayern nicht zum Referendariat für das Lehramt an Gymnasien zugelassen. Darüber habe das bayerische Kultusministerium sie am Montag in Kenntnis gesetzt, teilte ein Sprecher des Ministeriums dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Dienstag mit. „Wer nicht mit beiden Beinen fest auf dem Boden unserer Verfassung steht, den lassen wir nicht in den staatlichen Schuldienst“, hieß es in der Mitteilung. Das Referendariat sollte eigentlich im Februar beginnen. Die Münchnerin und ihre Anwältinnen wollen den Bescheid nun prüfen und in Kürze Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht einreichen.

Aus Datenschutz- und Persönlichkeitsgründen könne man zu einzelnen Verfahren keine detaillierten öffentlichen Aussagen treffen, hieß es aus dem Kultusministerium. Der Sprecher betonte jedoch, dass die Nichtzulassung von Poettinger - „anders als teilweise dargestellt“ - nicht auf ihrem Einsatz für den Klimaschutz gründe. „Richtig ist: Das Verantwortungsbewusstsein für Natur und Umwelt zählt zu den obersten Bildungszielen in Bayern.“ Im Blickpunkt stünden im vorliegenden Fall die Mitgliedschaft in und das Engagement für eine linksextremistische Gruppierung, gegenwärtig laufende strafrechtliche Ermittlungsverfahren sowie das öffentliche Billigen von Straftaten. Die Münchnerin hatte ein AfD-Wahlplakat zerstört und bei einer Demonstration gegen Kohleabbau in Lützerath Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte geleistet.

Poettinger hatte im November 2024 vom bayerischen Kultusministerium ein Anhörungsschreiben erhalten, in dem dieses Bedenken hinsichtlich ihrer Eignung für den Schuldienst ausdrückte. Vor allem geht es um ihre Teilnahme am „Offenen Antikapitalistischen Klimatreffen München“, das auf der Liste „extremistischer oder extremistisch beeinflusster Organisationen“ des Freistaats steht. Im Dezember hatte Poettinger eine Antwort ans Kultusministerium verfasst. Die 28-Jährige hat ihr erstes Staatsexamen abgeschlossen und arbeitet derzeit in einem Kindergarten.

Lehrkräfte hätten wie kaum eine andere Berufsgruppe Einfluss auf junge Menschen und ihre Entwicklung, hieß es nun aus dem Kultusministerium. Der Freistaat Bayern habe daher sicherzustellen, dass sich Personen, die in den Staatsdienst aufgenommen werden, durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen. Deshalb finde innerhalb jedes Einstellungsverfahrens eine Prüfung der Verfassungstreue jedes Bewerbers und jeder Bewerberin statt. Dafür müssen die Lehramtsanwärter unter anderem bestätigen, dass sie keiner der mehr als 200 Vereinigungen angehören, die auf der Liste extremistischer Organisationen des Freistaats stehen. In Bayern haben bereits Schulreferendare einen Beamtenstatus.

„Jetzt ist es also amtlich: Wer sich in seiner Freizeit für Klimaschutz und Demokratie engagiert und dabei auch noch Begriffe verwendet, die der Staatsregierung nicht gefallen, kann in Bayern für charakterlich ungeeignet erklärt werden, Kindern Englisch beizubringen“, sagte Poettinger am Dienstag laut Mitteilung ihres Unterstützerkreises. Mit der Nicht-Zulassung zum Referendariat werde ihr nicht nur eine spätere Anstellung an einer staatlichen oder städtischen Schule verweigert, sondern auch der Abschluss ihrer Lehramts-Ausbildung. Wird Poettinger in Bayern nicht zum Referendariat zugelassen, gilt ihre Lehrerausbildung als nicht beendet. Mit der Entscheidung des Kultusministeriums liege ein staatliches Ausbildungsverbot vor, sagte Poettingers Anwältin Adelheid Rupp. „Die Staatsregierung verstößt damit grob gegen das Grundrecht auf freie Berufswahl.“