Frankfurt a.M. (epd). Marc Grünbaum, Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt am Main, warnt mit Verweis auf die deutsche Geschichte vor einer parlamentarischen Zusammenarbeit mit der AfD. Wer sich mit der Geschichte befasse, der wisse: Dass Adolf Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler ernannt wurde, habe nicht an der eigenen Stärke der NSDAP gelegen. „Es waren die Konservativen, die versagt haben, die bereit waren, ihm zur Macht zu verhelfen“, sagte Grünbaum der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Freitag).
Die Offenheit, mit der Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) sich in einen Pakt mit der AfD begeben habe, zeige ihm, „dass es irgendwann vielleicht doch eine Chance für die AfD geben wird, sich an einer Regierung zu beteiligen“. In der vergangenen Woche hatte es Merz im Bundestag bewusst in Kauf genommen, mit Stimmen aus der AfD einen Antrag seiner Fraktion zur Verschärfung der Asylpolitik durchzusetzen. Ein Gesetzentwurf zwei Tage später indes bekam keine Mehrheit.
Grünbaum sagte: „Die Sprache bei dieser Bundestagsdebatte hat mich erschreckt. Merz hat von 'täglich stattfindenden Gruppenvergewaltigungen aus dem Milieu der Asylbewerber' gesprochen. Das ist reiner AfD-Jargon.“
Wenn Merz sich nun hinstelle und so tue, als ob die AfD für ihn keinesfalls ein Partner wäre, dann nehme er ihm das nicht ab. „Ein Zeichen wäre es, wenn er jetzt deutlich artikulieren würde: Das war ein Fehler. Aber stattdessen streut die CDU das Narrativ, dass die SPD und die Grünen schuld daran sind, dass er auf die AfD angewiesen war“, sagte Grünbaum.
Dass sich die AfD nach eigener Darstellung für Jüdinnen und Juden einsetzen will, nannte er eine Lüge. „Die Offenheit, mit der in dieser Partei Antisemitismus artikuliert wird, ist einzigartig. Man kann die AfD nicht ohne Björn Höcke denken. Man kann die AfD nicht ohne ihre als gesichert rechtsextrem geltenden Landesverbände denken“, sagte Grünbaum.