Pro-Asyl-Sprecher Alaows: Kein Leben in Würde in Syrien möglich

Pro-Asyl-Sprecher Alaows: Kein Leben in Würde in Syrien möglich

München (epd). Der vor zehn Jahren aus Syrien geflohene Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl, hält ein Abschieben von Syrerinnen und Syrern aus Deutschland für unmöglich. „Man kann die Menschen nur zurückschicken, wenn ihnen dort ein Leben in Würde garantiert ist. Davon kann in Syrien nicht die Rede sein“, sagte Alaows der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstag). Spätestens Gerichte würden Abschiebungen nach Syrien stoppen.

Alaows berichtete von einem Besuch in seinem Heimatland. Die gesamte Umgebung der Hauptstadt Damaskus sei komplett zerstört und unbewohnbar. „Selbst in den Stadtteilen, die nicht völlig zerbombt sind, lässt es sich kaum leben. Strom gibt es nur für wenige Stunden, Wasser oft gar nicht“, sagte er. In Gegenden mit weniger Kriegszerstörungen sammelten sich derzeit „Hunderttausende Menschen aus anderen Landesteilen“. „Und das führt zu einer Hyperinflation bei den Preisen für Wasser, Benzin oder Lebensmittel. Auch die Mieten sind kaum mehr zu bezahlen“, sagte der Menschenrechtsaktivist.

Er äußerte zudem Zweifel an dem Schutz von Minderheitenrechten, den die Machthaber der islamistischen HTS zugesichert haben. Er habe zum Beispiel gesehen, wie mit Maschinenpistolen bewaffnete Männer in christlichen Stadtteilen Frauen Zettel mit einer neuen Kleiderordnung in die Hand gedrückt hätten. „Wenn das angezeigt wird, werden diese Männer zwar gestoppt. Aber das löst bei den Minderheiten natürlich große Unsicherheit aus“, sagte er.

Alaows begrüßte Pläne der Bundesregierung, Syrern eine Reise in ihre Heimat zu ermöglichen, ohne dass sie ihren Schutzstatus in Deutschland verlieren. „Aber natürlich reicht eine kurze Reise nach Syrien nicht, um zu wissen, ob man dort wieder leben kann. Da müssen Häuser, ganze Leben wieder aufgebaut werden“, sagte er und verwies auf die Türkei. Diese erlaube geflüchteten Menschen, mehrfach nach Syrien zu reisen, ohne dass sie ihren Schutz verlieren.

Rebellengruppen unter Führung von der islamistischen Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) hatten Anfang Dezember das diktatorische Regime des Präsidenten Baschar al-Assad gestürzt und den Syrerinnen und Syrern einen Neuanfang versprochen. Der Krieg in Syrien hatte 2011 mit einem Volksaufstand gegen Assad begonnen.