Berlin, Bogotá (epd). Nach der Eskalation der Gewalt im Norden Kolumbiens stoppt die Regierung die Friedensverhandlungen mit der ELN-Guerilla. Was die ELN in der Region Catatumbo begangen habe, seien Kriegsverbrechen, erklärte der kolumbianische Präsident Gustavo Petro am Freitag auf der Internetplattform X. Der Dialogprozess mit der Gruppe werde ausgesetzt, die ELN zeige keinerlei Willen zum Frieden. In dem Gebiet im Departement Norte de Santander wurden innerhalb von zwei Tagen laut Regierungsangaben mehr als 20 Menschen ermordet. Die ELN wurde für die Verbrechen verantwortlich gemacht.
Die Verhandlungsführerin für die Gespräche mit der ELN für die Regierung, Vera Grabe, sagte in einer über X verbreiteten Botschaft, die Guerilla müsse darüber nachdenken, ob sie mit der Regierung in Richtung Frieden gehen möchte. „Das Land kann dieses Hin- und Her nicht mehr ertragen.“ Die Kommunikationskanäle der Regierung seien aber selbstverständlich jederzeit offen. Die Gespräche mit der Gruppe wurden seit Beginn im November 2022 immer wieder unterbrochen, zuletzt im September nach einem ELN-Angriff auf eine Militärbasis mit zwei Toten im September.
Auch Grabe sprach von mindestens 20 Toten, darunter Zivilisten, Unterzeichner des Friedensabkommens mit der früheren Farc-Guerilla, Angehörige von Farc-Splittergruppen, die Friedensverhandlungen mit der Regierung führen, sowie Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten. Nach Angaben des Friedensforschungsinstituts Indepaz waren unter den Opfern fünf ehemalige Kämpfer der Farc-Guerilla.
In der Region Catatumbo, die im Osten an Venezuela grenzt, sind sowohl die ELN als auch eine Splittergruppe der 2016 entwaffneten Farc-Guerilla, Estado Mayor de Bloques y Frente (EMBF) oder Frente 33 präsent. Die Regierung verhandelt mit beiden Gruppen. Die Eskalation gefährdet sowohl die Waffenruhe zwischen beiden Gruppen als auch die Verhandlungen mit der Regierung. Es handle sich um eine Aktion der ELN gegen den Frieden, erklärte der Regierungs-Verhandlungsführer mit den Farc-Splittergruppen, Camilo González Posso.
Präsident Petro, der selbst einst Mitglied der früheren Stadtguerilla M-19 war, hat bei Amtsantritt im Jahr 2022 versprochen, Verhandlungen mit allen bewaffneten Gruppen des Landes aufzunehmen, um einen umfassenden Frieden zu erreichen. Die Friedensverhandlungen mit der ELN sind, wie bei Versuchen mit früheren Regierungen, von Hindernissen geprägt. Die Guerilla verfügt laut Schätzungen derzeit über rund 3.000 Kämpfer.
Darüber hinaus gibt es mehrere Splittergruppen der Farc-Guerilla, die 2016 ihre Waffen niedergelegt und sich in eine Partei umgewandelt hat, von denen einige mit der Regierung verhandeln und andere nicht. Für Gewalt sorgen zudem Drogenkartelle und kriminelle Banden. Bei dem seit den 1960er Jahren andauernden Bürgerkrieg in Kolumbien zwischen staatlichen Kräften, linken Guerillagruppen und rechten Paramilitärs wurden mehr als 260.000 Menschen getötet, etwa sieben Millionen wurden vertrieben. Etwa 80.000 Kolumbianer gelten als vermisst.