Marburg (epd). Das „Unwort des Jahres“ 2024 lautet „biodeutsch“. Der Ausdruck sei im vergangenen Jahr insbesondere in den sozialen Medien verstärkt verwendet worden, um Menschen vor dem Hintergrund vermeintlich biologischer Abstammungskriterien einzuteilen, zu bewerten und zu diskriminieren, sagte die Jurysprecherin der sprachkritischen Aktion, Constanze Spieß, am Montag in Marburg. Auf Platz zwei landete der Begriff „Heizungsverbot“. Das persönliche Unwort der Jury-Gäste Saba-Nur Cheema und Meron Mendel lautet „importierter Antisemitismus“.
Der Begriff „biodeutsch“ sei ursprünglich ironisch als satirischer Ausdruck verwendet worden, erklärte Spieß, Professorin für Pragmalinguistik an der Universität Marburg. Seit mehreren Jahren werde er aber unreflektiert wörtlich verwendet: „Dabei wird 'Deutschsein' naturbezogen begründet, um eine Abgrenzung und Abwertung von Deutschen mit Migrationsbiografie vorzunehmen.“ Das Wort diene im Zusammenhang mit Substantiven wie „Biodeutsche“ dazu, „Menschengruppen, die vor dem Gesetz gleich sind, ungleiche Eigenschaften zuzuschreiben und sie somit hierarchisch zu klassifizieren“. Diese Unterteilung in angeblich „echte“ Deutsche und in Deutsche zweiter Klasse sei eine Form von Alltagsrassismus.
Insgesamt waren 3.172 Einsendungen mit 655 verschiedenen Ausdrücken eingegangen. Rund 80 von ihnen entsprachen den Unwort-Kriterien. „Biodeutsch“ gehörte mit zehn Einsendungen zu den häufig vorgeschlagenen Begriffen.
Im vergangenen Jahr hatte die Jury mit „Remigration“ einen Begriff gewählt, mit dem rechte Parteien und rechtsextreme Gruppierungen die Forderung nach einer Zwangsausweisung von Menschen mit Migrationsgeschichte beschönigend tarnten. 2022 lautete das Unwort „Klimaterroristen“, mit dem Aktivisten gegen die Klimaerhitzung diffamiert und kriminalisiert würden. 2021 spießte das Unwort „Pushback“ die verharmlosende Bezeichnung für die menschenfeindliche Zurückweisung von Flüchtlingen an der EU-Grenze auf.