Experte: Trumps Regierung wird Hilfsgelder als Druckmittel einsetzen

Experte: Trumps Regierung wird Hilfsgelder als Druckmittel einsetzen
11.01.2025
epd
epd-Gespräch: Lena Köpsell

Berlin (epd). Mit Blick auf den Amtsantritt Donald Trumps als US-Präsident warnt der Direktor der Denkfabrik „Centre for Humanitarian Action“ (CHA), Ralf Südhoff, vor einer „Zeitenwende“ in der humanitären Hilfe. „Ich erwarte, dass Trump die Mittel drastisch kürzen und die verbleibenden Gelder als politisches Druckmittel einsetzen wird“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Südhoff befürchtet, dass Trump humanitäre Hilfe in Ländern mit großer Not, wie Haiti oder Kolumbien, gezielt dazu nutzen könnte, politische Gefügigkeit zu erzwingen.

Trump habe bereits in seiner ersten Amtszeit humanitäre Hilfe für sein „Prinzip des Deal-Makings“ genutzt, sagte Südhoff. So habe der künftige US-Präsident in Venezuela gezielt Oppositionsgebiete unterstützt, ohne Rücksicht auf die humanitäre Lage der Gesamtbevölkerung. „Unabhängig davon, wie man die politische Situation in Venezuela bewertet, handelt es sich hier um eine klare Instrumentalisierung eines Notinstruments, das eigentlich nur dazu dient, das Überleben von Menschen in Not zu sichern“, erklärte der Experte.

Der CHA-Direktor erwartet, dass Trump die humanitäre Hilfe noch sehr viel stärker an geopolitischen Interessen ausrichten wird. So habe der designierte Präsident bisher wenig Interesse gezeigt, sich in Afrika zu engagieren, was beispielsweise für die Menschen im Sudan katastrophale Folgen haben könnte, warnte Südhoff. Unter Präsident Joe Biden sind die USA der größte Geber für Nothilfe im Sudan, in dem mehr als 30 Millionen Menschen schlimmste Not erleiden. Ebenso für die Ukraine oder den Gazastreifen könnte Trump bedeuten, dass die Menschen dort bald ohne jegliche Hilfe dastehen, gab Südhoff zu bedenken.

Auch inhaltlich werde sich die US-Hilfe ändern, sagte der Experte. „In der ersten Amtszeit Trumps wurden Programme zur Familienplanung und Frauenförderung stark gekürzt, während christliche Hilfsorganisationen mehr Unterstützung erhielten.“ Unter Trump könne es dazu kommen, dass weltweit 100 Millionen Frauen, obwohl sie weit überproportional unter Krisen leiden, deutlich weniger Hilfe erhalten werden.

„Internationale Geber werden die unter Trump entstehende Finanzierungslücke nicht schließen, sondern kürzen vielfach fatalerweise selbst ihre Budgets“, sagte Südhoff. Zumal sich große Förderer wie Deutschland und die EU-Kommission in eine ähnliche Richtung wie die USA bewegten, nicht nur mit Blick auf sinkende Budgets, sondern auch auf die politischen Ziele. Für 2025 plane Deutschland, die humanitären Mittel um die Hälfte zu kürzen, und die neue Strategie des Auswärtigen Amts sehe vor, Mittel stärker an sicherheitspolitische Interessen zu knüpfen. Laut Südhoff markiert dies eine „neue Ära“, die dazu führen könnte, dass Deutschland sein bisheriges Image als „ehrlicher Geber, dem vor allem an einer Linderung der größten Not gelegen ist“, verliere.

Das 2018 gegründete CHA wird von „Ärzte ohne Grenzen“, Caritas International, der Diakonie Katastrophenhilfe und dem Deutschen Roten Kreuz getragen.