Seit 75 Jahren lädt die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers niedersächsische Repräsentanten aus Politik, Wirtschaft und Kultur zum Jahreswechsel zu einem Empfang in das mehr als 850 Jahre alte Kloster Loccum bei Nienburg ein. Wenn sich am Montag (6. Januar) erneut rund 140 geladene Gäste im Refektorium drängen, dem ehemaligen Speisesaal der Mönche mit seinen hohen gotischen Gewölben, können sie auf eine lange und reiche Geschichte zurückblicken, die nun schon ein Dreiviertel-Jahrhundert andauert.
Die Reden beim Epiphanias-Empfang sind traditionell dem Ministerpräsidenten und dem Landesbischof vorbehalten. Seit mehr als zehn Jahren sind dies Stephan Weil (SPD) und Ralf Meister, der seit 2020 auch Abt des Klosters ist. In früheren Jahren hielt auch der 2023 verstorbene Horst Hirschler, der bis 1999 Landesbischof und von 2000 bis 2020 Loccumer Abt war, eine stets mit Humor gewürzte Rede.
Nur einmal musste das Treffen ausfallen: 2021 erlaubten die hohen Corona-Infektionszahlen keinen Empfang. Ein Jahr später wurde die Veranstaltung wegen der Pandemie kurzerhand in den Sommer verschoben. Seit 2023 kann sie wieder in den altehrwürdigen Räumen des 1163 gegründeten Zisterzienserklosters stattfinden. Diese strahlen seither in neuem Glanz, denn das Kloster wurde von 2017 bis 2021 für 35,8 Millionen Euro grundlegend saniert.
Der frühere Landesbischof Hanns Lilje hatte 1950 nach seiner Wahl zum Loccumer Abt erstmals zum "Empfang zwischen den Jahren" gebeten. Lilje zu Ehren, der am 6. Januar 1977 starb, wurde die Feier später auf den Epiphaniastag (6. Januar) verlegt. Sie gilt seitdem als erster offizieller politischer Termin des neuen Jahres in Niedersachsen.
Zwischen Tradition und Moderne hat der Empfang bis heute einen besonderen Charakter. Lilje bezeichnete seine Gäste gern als "Notabeln des Landes". So wurden einst die Mitglieder der königlichen Ratsversammlungen in Frankreich genannt. In Loccum beschränkt sich ihre Zahl schon immer auf höchstens 140. Mehr waren nicht im Refektorium unterzubringen. Ein Zeitzeuge erinnert sich: "Der liebe Gott hatte meist ein Einsehen und schickte Glatteis, so dass nicht jeder kommen konnte und doch noch alle einen Platz fanden."
Frauenquote steigt
Landesbischof Ralf Meister, der seit fünf Jahren zugleich Abt des Klosters ist, begrüßt am Eingang alle Gäste persönlich per Handschlag. Bis heute gilt es als etwas Besonderes, auf der Einladungsliste zu stehen. Die Jahre, als die einzige Rolle von Frauen das Kaffeeausschenken war, sind allerdings schon länger vorbei. Margot Käßmann sorgte in den elf Jahren ihrer Amtszeit als Landesbischöfin konsequent dafür, dass die Frauenquote unter den Gästen von Jahr zu Jahr stieg. Inzwischen gehören vier Frauen fest zum ehrenamtlichen Konvent des Klosters.
Früher wurde neben Kaffee und Butterkuchen nur noch der eine oder andere Schnaps zum Aufwärmen gereicht, bevor sich um 18 Uhr in der Klosterkirche alle zur Andacht, der Hora, versammelten. Heute ist das Angebot um Orangensaft, Sekt und Salzgebäck erweitert.