TV-Tipp: "Fette Ente mit Pilzen"

Getty Images/iStockphoto/vicnt
2. Januar, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Fette Ente mit Pilzen"
Seit gut zehn Jahren sorgt Tierarzt Hauke Jacobs im beschaulichen Schwanitz für Recht und Ordnung. Das klingt jedoch entspannter, als es ist.

Während die Dorfpolizei im Rest des Landes Streits schlichtet oder nach Rasern Ausschau hält, muss sich der Veterinär, im Zweitberuf Hauptkommissar und Leiter des Dorfreviers, regelmäßig mit echten Verbrechen befassen. In Episode Nummer 25 mit dem zunächst rätselhaften Titel "Fette Ente mit Pilzen" treibt gar der chinesische Geheimdienst sein Unwesen an der Ostseeküste. Dabei hat Jacobs eigentlich ganz andere Sorgen.

Zum Kern der von Holger Karsten Schmidt kreierten Reihe "Nord bei Nordwest" gehörte seit dem Auftakt im Herbst 2014 eine stets spürbare, aber nie ausgelebte Dreiecksbeziehung: Weil der anfangs in Schwanitz bloß untergetauchte Kommissar (Hinnerk Schönemann) zwischen zwei rothaarigen Frauen hin und her gerissen war, entschied er sich für keine von beiden. Daran hat sich auch nach dem Tod von Lona Vogt nichts geändert, denn Hannah Wagner (Jana Klinge) hat die Nachfolge der Kollegin in jeglicher Hinsicht angetreten. Deshalb freut sich Jacobs’ Praxispartnerin Jule Christiansen (Marleen Lohse) zwar auch für die Freundin, aber nicht zuletzt für sich selbst, als Hannah nach der Rückkehr aus dem Urlaub verkündet, sie habe sich verliebt, sei verlobt, werde demnächst heiraten und nach Hawaii auswandern. Jacobs reagiert hingegen äußerst sparsam.

Natürlich besteht der Film nicht nur aus Liebesglück und Liebesleid: Parallel zum Dreierreigen entdeckt eine chinesische Journalistin im neu eröffneten Lokal von Hui Rén (Yu Fang) einen verborgenen Raum. Es handelt sich um ein Fotolabor mit rätselhaften Aufnahmen von offenbar gequälten Landsleuten. Die Frau wird erwischt und kann fliehen, kollidiert bei ihrer Flucht jedoch mit einem Motorrad. Weil Jule einen Mitarbeiter (Yung Ngo) des "Mandarin" verdächtigt, zwei Dalmatiner entführt zu haben, kommt das Trio samt Hannahs Verlobtem zum Essen in das Restaurant, das auch ein Hotel ist, wobei Jacobs einen etwas kindischen Streit um die originellste Glückskeksbotschaft anzettelt. Jule, die überzeugt ist, dass es im "Mandarin" nicht mit rechten Dingen zugeht, nimmt sich ein Zimmer und stößt ebenfalls auf den geheimen Raum. Jacobs glaubt derweil, dass das Lokal, in dem man nur bar bezahlen kann, als Fassade dient, um im Auftrag der Triaden Geld zu waschen. Deshalb weiht er einen chinesischen Diplomaten (Lam Vissay) mit Freibrief vom deutschen Innenministerium bedenkenlos in seine Vermutungen ein.

Die Handlung ist dank ihrer Mischung aus emotionalen Verstrickungen und spannenden sowie heiteren Momenten recht kurzweilig, auch wenn die Zwischenspiele mit zwei konkurrierenden Bestattungs-Teams etwas witzlos sind, aber der besondere Reiz des ruhig inszenierten Films resultiert aus der visuellen Umsetzung. Regisseurin Steffi Döhlemann hat gemeinsam mit Kameramann Oliver-Maximilian Kraus bereits die nicht minder sehenswerte Episode "Kobold Nr. Vier" (2024) gedreht und die Geschichte auch diesmal in einen angemessenen optischen Rahmen gebettet. Die Lichtsetzung gerade in den Räumlichkeiten des "Mandarin" ist faszinierend: Mal ist die Beleuchtung purpur oder blutrot, mal giftgrün, was wiederum gut mit Marleen Lohses Haarfarbe komplementiert. Diese Knalligkeit bildet einen kräftigen Kontrast zum schmucklosen Revier, das mit seinem tristen Sepiagrau perfekt Jacobs’ Stimmung widerspiegelt. Selbst auf seinem Schiff wirkt die Atmosphäre trostlos. Gegen Ende, als die Angestellten des Lokals durch den Wald in Richtung Containerhafen flüchten, ist das Hintergrundlicht lila. Das ist zwar völlig unrealistisch, sieht aber sehr schön aus. Zum Showdown erfreut der durch eine sehr abwechslungsreiche Musik (Stefan Hansen) untermalte Krimi durch einen weiteren wirkungsvollen Effekt, als die Beleuchtung des Geländes verlöscht und ein Spotlight den Schauplatz des Finales illuminiert. 

Während Autor Schmidt vor allem den Menschenrechtsaspekt der Geschichte hervorhebt, betont Döhlemann das Spiel mit Klischees: Das "Mandarin" kommt überhaupt nur deshalb ins Spiel, weil Jule glaubt, ihre in Griechenland geretteten Dalmatiner Jámas und Ouzo würden in der Küche landen; "In China essen sie Hunde" hieß einst eine schwarzhumorige dänische Komödie (1999). Einzig aufgrund solcher Vorurteile unterstellt das Trio dem Betreiber des reichlich mit Winkekatzen ausgestatteten Lokals, in kriminelle Machenschaften verstrickt zu sein. In Wirklichkeit sind die vermeintlich Bösen jedoch die Guten, während sich der joviale Diplomat als skrupelloser "roter Drache" entpuppt.